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Um das zu ergänzen, Thema ONLINESPIELSUCHT: Quelle: Spiegel online vom 14.07.2006 (kein Link, da der Artikel so im Netz nicht mehr verfügbar ist)
Forscher sehen Ähnlichkeiten zu Alkoholsucht
Exzessives Computerspielen kann durchaus mit einem Suchtverhalten gleichgesetzt werden, glauben Berliner Wissenschaftler. Die Hirnreaktionen Betroffener ähnelten denen von Alkoholabhängigen, ergab eine Untersuchung.
Computerspielsucht - dieses Wort hört man in der milliardenschweren Game-Industrie nicht so gern. Kratzt es doch mächtig am Image einer Branche, die laufend neue Rekordumsätze vermeldet und sich auf Augenhöhe mit der Filmindustrie wähnt. Ergeht es den Spieleherstellern gar eines Tages wie der Tabakindustrie, die weltweit einen immer schwereren Stand hat?
Das könnte man fast glauben, wenn man die Worte von Ralf Thalemann vernimmt, Suchtexperte an der Charité Berlin: "Die Hirnreaktionen von exzessiven Computerspielern sind ähnlich jenen von Alkohol- oder Cannabissüchtigen". Der Sonderpädagoge, selbst bekennender Gamer, hatte gemeinsam mit Sabine Grüsser-Sinopoli, Leiterin der interdisziplinären Suchtforschungsgruppe Berlin der Charité, 7000 Spieler online befragt und 30 im Labor untersucht.
"Wir wissen seit 50 Jahren, dass bei Süchtigen Konditionierungserscheinungen auftreten", sagte Thalemann im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Wenn es Suchtverhalten bei Gamern gäbe, dann müsse sich das auch physiologisch nachweisen lassen, also über Körperreaktionen. Die Berliner Wissenschaftler nutzten zunächst die von der Weltgesundheitsorganisation WHO definierten Suchtkriterien, um in Frage kommende Gamer auszuwählen. Als exzessiver Spieler wurde eingestuft, wer mindestens drei der sechs Suchtkriterien erfüllte: unstillbares Verlangen, Kontrollverlust, Toleranzentwicklung, Entzugserscheinungen, Vernachlässigung anderer Interessen und Festhalten am exzessiven Spielen trotz negativer Konsequenzen.
Deutlich erhöhte Gehirnaktivität
Bei 15 auf dieses Weise identifizierten Exzessiv-Spielern und 15 Spielern mit normalem Verhalten untersuchten die Wissenschaftler dann Hirnreaktionen auf verschiedene Reize. Beiden Gruppen wurden Bilder mit neutralen Motiven und Screenshots von Videospielen gezeigt. Die exzessiven Spieler zeigten eine deutlich erhöhte Gehirnaktivität beim Anblick der Spielescreenshots. Die EEG- und EMG-Muster der exzessiven Spieler seien mit jenen von Alkohol- oder Cannabissüchtigen vergleichbar, sagte Thalemann. Betroffene Kinder vernachlässigten Schule, Freunde und andere Interessen und litten bei Entzug unter Nervosität, Unruhe, Verstimmungen und Aggressionen. Das seien typische Merkmale von Sucht, sagte Grüsser-Sinopoli. Ob die Zahl der computerspielsüchtigen Kinder und Jugendlichen gestiegen sei, könne wissenschaftlich nicht belegt werden, da es keine früheren vergleichbaren Studien gebe. Allerdings sei mit dem zunehmenden Einzug der Computer in den Alltag davon auszugehen. "Ich nehme an, dass wir in zehn Jahren eine ganz andere Generation von Suchtpatienten bekommen werden."
"Jeder hat seine Belohnungsstrategie" Die Online-Umfrage der Charité unter 7000 erwachsenen Internetnutzern hatte ergeben, dass jeder zehnte der Befragten exzessiv Computerspiele nutzt, also mindestens drei der sechs Suchtkriterien erfüllt. Die Umfrage sei jedoch nicht repräsentativ, betonte Thalemann. Der Sonderpädagoge warnt gleichzeitig vor einer Überdramatisierung der Ergebnisse und einer Verteufelung von Computerspielen. "Jeder von uns hat eine Strategie, sich zu belohnen." Dies könne über ein gutes Essen, ein Glas Wein oder auch über ein Computerspiel geschehen. "Das ist nicht falsch." Seine Kollegin Grüsser-Sinopoli betonte, süchtig machen könnten viele Verhaltensweisen - so auch exzessives Einkaufen oder Arbeiten. Problematisch wird es nach Meinung der Forscher jedoch, wenn Betroffene sich immer mehr zurückziehen und ihr Leben nur noch aus Spielen besteht. "Es weiß niemand, wie viele Spieler wirklich als süchtig einzustufen sind", sagte Thalemann. Nach seiner Einschätzung werde das Problem von manchen Eltern auch größer gemacht als es eigentlich sei. "Die Konstellation Mutter-Sohn ist besonders problematisch." Häufig seien die Fronten schon so verhärtet, dass eine vernünftige Diskussion über den Spielkonsum kaum noch möglich sei.