Zilli |
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Beiträge: 3 Mitglied seit: 02.03.2009 IP-Adresse: gespeichert
| Ich liebe Videospiele.
Das sage ich ohne provozieren zu wollen. Ich spiele mit Begeisterung Rollenspiele (offline), Action-Adventure-Spiele und Ego-Shooter. Auch "Killerspiele" wie GTAIV oder Half-Life 2 habe ich mit Begeisterung verschlungen. Ich bin nun 27 Jahre alt, mit dem Medium "Videospiel" aufgewachsen und sehe mich als User, der mit dem Thema reflektiert umgehen kann. Ich kann die Gefahren erkennen, die von gewalttätigen Videospielen ausgehen und verabscheue Spiele, deren Ziel ausschließlich das sinnlose Morden ist. So lange die Gewalt aber Stilmittel ist um eine interessante Story zu erzählen, hat sie für mich eine Daseinsberechtigung. Aber Videospiele sind viel mehr als abgetrennte Köpfe und hektoliterweise Blut. Leider wird in den Medien ausschließlich über diese Faktoren berichtet. Dabei ist dies nur ein kleiner Aspekt dessen, was die Erfahrung, das Erlebnis Videospiel wirklich ausmacht. Bevor man also sämtliche Games dafür verdammt, sollte man ein bißchen über den Tellerrand hinausgucken, um erkennen zu können, dass Videospiele vielfältigere Emotionen erzeugen können als Wut, Hass und Blutdurst. Dies möchte ich an einigen Beispielen belegen:
In dem Spiel ICO spielt man einen kleinen Jungen, der ein Mädchen durch eine verlassene Burgruine führen muss. Der Spieler muss Puzzel lösen, Gegner aus schwarzen Rauch mit einem Stock verjagen und Yorda, so der Name des Mädchens, mit Tastendruck auf dem Controller an die Hand nehmen. Obwohl Junge und Mädchen sich aufgrund unterschiedlicher Sprachen nicht verständigen können, baut sich zwischen beiden und somit auch zwischen dem Spieler und Yorda eine liebevolle, fast schon zärtliche Beziehung auf. Aufgrund der akuten Bedrohung vor den Geisterwesen, bekommt man Angst davor Yorda zu lange alleine zu lassen. Am Ende des Spieles wird der Spieler auf schmerzhafte Weise von dem Mädchen getrennt. Der Spieler erlebt die Trauer um den Verlust und die Angst um Yordas Wohlergehen am eigenen Leibe, ohne dass das Spiel dies einem vordiktiert (so wie es manche Filme mit dramatischer Musik und geschickter Kamerapositionierung tun). Wenn man Yorda letztendendes wiederfindet, rettet diese in einem selbstlosen Akt dem Spieler das virtuelle Leben und findet dabei selbst den Tod. Während der Abspann über den Bildschirm flackert empfindet man eine tiefe Leere aber auch eine starke Verbundenheit zu Yorda.
Silent Hill 2 gehört keinesfalls in Kinderhände. Das Spiel ist dunkel, verstörend, angsteinflößend und abgrundtief traurig. Man übernimmt die Rolle von James Sunderland, dessen Frau vor drei Jahren gestorben ist. Seltsamer Weise erreichte ihn ein Brief in ihrer Handschrift, in dem steht, dass sie in der amerikanischen Kleinstadt Silent Hill auf ihn warte. Er macht sich sofort auf den Weg und begibt sich damit auf eine Reise in die tiefsten Abgründe seiner Psyche. Das Spiel lässt sich nicht mit herkömmlichen "Killerspielen" vergleichen. Das Gewalttätige ergibt sich nicht aufgrund von graphischen Abbildungen, sondern durch die verschachtelte Story, durch das, was das Spiel lediglich andeutet und nicht ausspricht. Dadurch ergibt sich eine Doppelbödigkeit, die den Spieler zum Nachdenken anregt und die Tür für Interpretationen und Deutungen weit offen lässt. Silent Hill 2 ist in seiner Erzählstruktur sehr subtil und behandelt auf äusserst feinfühlige und einfühlsame Art und Weise ernste Themen wie Suizid, Depressionen, Mord und sexuellen Missbrauch. Es beschreibt menschliche Schicksale, löst Betroffenheit in einem aus ohne dabei jemals plakativ oder manipulierend zu wirken. Wenn der Spieler am Ende von Silent Hill 2 das große Geheimnis um James und seiner Frau gelüftet hat, fühlt er sich vom Spiel betrogen. Jede vom Spieler aktiv ausgeübte virtuelle Gewalttat bekommt im Nachhinein einen erschreckenden Sinn. Das Spiel zieht einem den Boden unter den Füßen weg, man empfindet Unverständnis und Ekel vor dem Hauptcharakter und hinterfragt dadurch sein eigenes Handeln.
Anhand dieser Beispiele möchte ich zeigen, dass Videospiele mehr zu bieten haben als nur sinnloses Gemetzel. Wer Spiele vorschnell verurteilt und abtut als (bedenklichen) Kinderkram, der sieht nur die eine Seite der Medaille. Wer es jedoch zulässt in ein Spiel abzutauchen (so wie man es bei einem guten Film oder Buch tut) und das "Erlebte" anschließend reflektiert, der könnte Dinge in Videospielen finden, die ihm gefallen oder vielleicht sogar faszinieren.
Bis dann! Daniel
bearbeitet von gabriele_farke am 03.03.2009 10:46:04
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03.03.2009 10:09:10 | |
gabriele_farke |
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Beiträge: 3415 Mitglied seit: 26.03.2006 IP-Adresse: gespeichert
| Hallo Zilli,
schön, dass Du uns die Welt der Spiele ein wenig näherbringst. Allerdings habe ich die eingefügten Bilder gelöscht, da wir hier kein Werbeforum sind.
Offensichtlich hast Du noch nicht so viele Beiträge hier gelesen? Wie kommst Du sonst darauf, dass hier jemand irgendwelche "Spiele vorschnell verurteilt und als Kinderkram abtut"? ....
Frage an Dich: Hast Du diese Emotionen, die Du am Bildschirm erlebst, auch schon mal REAL erlebt? Zärtliche Beziehung, Trauer, Angst, Leere .... etc. ?
Alles Gute, G.
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03.03.2009 10:50:42 | |
Zilli |
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Beiträge: 3 Mitglied seit: 02.03.2009 IP-Adresse: gespeichert
| Hallo!
Das mit den Bildern war mir nicht bewusst...wollte keine Werbung machen.
Ich habe dieses Forum schon ausgiebig studiert bevor ich mich angemeldet habe. Mir ist aufgefallen, dass Videospielen gegenüber hier im Forum ein überwiegend negativer Tenor herrscht. Verständlicher Weise, wenn ich mir manch Angehörigen- oder Betroffenenbericht durchlese. Ich möchte die Gefährdung, die von dem Medium ausgehen könnte auch garnicht marginalisieren. Trotzdem denke ich, dass es wichtig ist, sich mit der Materie zu befassen und sie versuchen zu verstehen, bevor man sie beurteilt. Angehörige von Videospielabhängigen sollten meiner Meinung nach zumindes ein Videospiel ausführlicher gespielt haben, um selbst zu erleben, welche Anziehungskraft von einem solchen Medium ausgeht. Beim Spielen von "Killerspielen" geht es nur sekundär um das "Ausleben von Gewaltphantasien". Ich finde wichtig zu begreifen, dass in Videospiele viel tiefere Emotionen reflektiert werden können, als der Wunsch nach Destruktion. Der Drang nach Eskapismus wird von Computerspielen befriedigt, indem sie Welten anbieten, die in dem potentiell Suchtgefährdeten Gefühle auslösen, die er im wirklichen Leben nicht oder nur unzureichend empfindet. Um zu erfahren welche Emotionen das sein könnten, muss man sich selbst mit Videospielen befassen.
Um Ihre Frage zu beantworten: Ich habe so ziemlich die gesamte Emotions-Palette die das Leben zu bieten hat schon erlebt. Zum Glück.
Bis dann! Daniel
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03.03.2009 11:35:57 | |
gabriele_farke |
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Gruppe: Administrator Rang:
Beiträge: 3415 Mitglied seit: 26.03.2006 IP-Adresse: gespeichert
| Hallo Daniel,
lange Zeit habe ich ähnlich gedacht wie Du, nämlich dass die Menschen, die Onlinesucht in irgendeiner Form beurteilen oder behandeln wollen, auch selbst diese Erfahrung gemacht haben müssten (so wie ich). Aber heute sehe ich das anders. Nicht Betroffene sind oft einfach überfordert und auch desinteressiert an Spielen, Chatten etc. Das ist doch AUCH okay und sollte genauso wenig be- oder verurteilt werden wie diejenigen, die es exzessiv betreiben und unter Umständen onlinesüchtig sind.
Ich denke, dass jemand der Heroinabhängigen oder Alkoholikern helfen und sie verstehen will, nicht unbedingt selbst gefixt oder getrunken haben muss. Insofern verlange bitte auch nicht von den Menschen, die über die Abhängigkeit ihrer Angehörigen klagen, dass sie erst einmal so ein Spiel gespielt haben müssten. Es gibt Menschen, die können GAR NICHTS mit diesen Spielen anfangen und wollen das auch nicht! Dürfen diese Menschen nicht dennoch auf die Gefahren einer Abhängigkeit aufmerksam machen?
LG, G.
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03.03.2009 13:08:08 | |
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