Wir sind ein HISTORISCHES Rollenspiel und spielen im Jahr 15n.Chr. in ALARICHS DORF, WIDARS DORF und der römischen Stadt MOGONTIACUM.
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WETTER UND ZEIT
Jahr Wir spielen im Jahr 15n. Chr. Monate Mitte April - Mitte Juni Bitte berücksichtigt das in eurem Play Wetter Der April überrascht alle Dorfbewohner mit mildem, beständigem Wetter. Es regnet genug damit das Getreide wächst. Im Mai ist es sehr windig und regnersich. Es gewittert häufig. Der Juni ist der Vorbote des Sommers. Es ist angenehm warm, die Sonne scheint.
Beiträge: 3608 Mitglied seit: 11.11.2008 IP-Adresse: gespeichert
rekonstruktion
Ragnar
~ tbc Erinnerungen, das Schicksal nimmt seinen Lauf
Zitternd vor Kälte, drückte der junge Mann das wimmernde Bündel an sich. Längst war es dunkel geworden, und immer noch prasselte der Regen unbarmherzig auf sie nieder. Erschöpft wischte Ragnar sich die klatschnassen Haare aus den Augen, sah über die Schulter zurück zum Waldrand, dessen knorrige Äste ihm nachzuwinken schienen. Obgleich der Wald ihm normalerweise Schutz bot, war er in diesem Moment einfach nur froh, ihn hinter sich gelassen zu haben. Dort unterhalb des Hügels, weit im Tal, schimmerte Licht. Ein schwacher Hoffnungsschimmer. Während Ragnar noch versuchte, die Entfernung abzuschätzen, schwand das leise Weinen unter seinem Mantel auf's Neue. "Romaeus!" leise, hektisch rief er seinen Sohn beim Namen, schlug gleichzeitig umso vorsichtiger seinen Mantelkragen beiseite, um ihn sich an die Wange zu heben. Die Haut des kleinen war bleich und eiskalt. Das stetige Rauschen des Regens verschluckte die Atemgeräusche des Säuglings, und nur der leise Hauch an seiner Wange sagte ihm, daß das Kind noch am Leben war. "Krümel, komm schon!" Mit sachtem, stetigem Druck seiner Hand begann Ragnar, seinen Sohn warmzurubbeln. Wie so oft in den letzten Stunden - Kleidung und Decke des Kleinen waren schon im Wald vor Nässe durchweicht gewesen. Diesmal aber dauerte es erschreckend lange, bis er das matte, aber auch empörte Quäken zu hören bekam, als würde Romaeus sich unsanft aufgeweckt fühlen. "Halt durch, mein Kleiner", murmelte er ihm zu und drückte ihm ein Kuß aufs Haupt, bevor er ihn wieder schützend unter dem Mantelkragen verschwinden ließ. Matt lehnte der Kopf des Säuglings an seiner Brust, und Ragnar ließ seinen Blick erneut ins Tal schweifen. Seit jenem verhängnisvollem Morgen war er zwei Tage lang durchmarschiert, doch die Grenze zum Marserland war noch lange nicht in Sicht. Anfangs hatte die Ziegenmilch, die Larcia ihm mitgegeben hatte, geholfen, aber inzwischen spuckte Romaeus sie immerzu aus, und auch sein Stuhl war schon den ganzen Tag beunruhigend wässrig gewesen. Seit Stunden kämpfte er sich mit ihm durch das Unwetter, und Ragnar wußte, wenn er jetzt nicht dort runter ging, drohte alle Mühe umsonst zu sein. Tief durchatmend, tastete er unterm Mantel nach der winzigen, fast schon todeskalten Hand. "Wir schaffen das!" flüsterte er heiser vor sich hin. "Für deine Mama!"
Ein ums andere Mal drohte er im matschigen Gras auszurutschen oder seine Beine zu versagen. Mehr stolpernd als gehend, erreichte Ragnar schließlich den Fuß des Berges. Mittlerweile streichelte er unablässig den Rücken seines Sohnes, ein verzweifelter Versuch, dem kleinen Körper irgendwie Wärme zu spenden. Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, fanden seine schmerzenden Füße wieder festen Tritt. Vor ihm erstreckte sich ebener Boden, eine von Pferden zetretene Wiese, deren Rand in eine Straße überging. Bereits vom Weitem erkannte er die Umrisse des Walls, welcher das Tor jenes Dorfes umgab. Je näher er kam, desto schmerzhafter wurde das Pochen in seiner Brust. Sein Herz wummerte wie wild vor Angst.
Das hier war Mattiakerland, ein Teil des römischen Gebiets. Doch er hatte Larcia versprochen, auf ihren Sohn aufzupassen, ihn in Sicherheit zu bringen. Romaeus, der binnen der letzten Minuten wieder aufgehört hatte zu wimmern. So still war er, daß Ragnar erneut meinte, die Kälte des Todes wahrnehmen zu können. Auch er selbst fror entsetzlich, und am Zittern seiner Beine merkte er, wie sehr er sich selbst mit diesem Marsch übernommen hatte. Langsam, Schritt für Schritt, näherte er sich dem großen Tor. Seine Augen huschten nervös zu den Wächtern, deren Schemen nach und nach deutlicher wurden. Ihr Götter, bitte helft uns! Er konnte nicht anders. Er mußte diesen Menschen das Leben seines Sohnes anvertrauen, und sein eigenes. Bitte, bitte, bitte, bitte! Natürlich mußten ihn die Wachen bereits bemerkt haben. Instinktiv ließ Ragnar seinen Sohn ein Stückchen tiefer gleiten, so daß er vor ihren argwöhnischen Blicken sicher war.
Geschichtenerzähler
Falko hatte sich die Kapuze seines Umhangs tief ins Gesicht gezogen und stützte sich auf seinem Speer ab. Die Regentropfen sammelten sich am Saum des Stoffes und in seinem Bart und hin wieder traf einer seine Nase. Immer erwischte er die kalten Nächte. Bei seinen letzten drei Nächten hatte es wie aus Kübeln geschüttelt. Irgendwann musste doch einmal Schluss sein. Am Tor gab es nicht viel, wo man sich unterstellen konnte. Der kleine Vorsprung war schmal und beim Ziehen der Grashalme hatte er natürlich den kürzeren erwischt. Ganz ehrlich – bei dem Mistwetter war doch eh niemand da draußen unterwegs. Seine Holde schlief bereits und er wollte sich zu gern an ihre Brust kuscheln und... „Hmm...“, er schreckte auf und lauschte in die Nacht. War da nicht gerade etwas gewesen? Ein Geräusch, das da nicht hingehörte? Er stieß seinen Freund an und deutete in die Nacht. „Wer ist da?“, rief er der Gestalt zu.
Ragnar
Schwer atmend blieb Ragnar nur wenige Steinwürfe vom Tor entfernt stehen. Durch den durchnäßten Leinenstoff von Romaeus' Hemd konnte er den flachen Atem seines Kindes spüren. "Heilsa", grüßte er die beiden Männer vor sich, wobei er sich kurz räuspern mußte, da seine Stimme drohte, ihn im Stich zu lassen. "Ich bin Ragnar, aus dem Dorf des Alarich, und ...", wieder hielt er einen Augenblick inne, zögerte merklich, ehe er mit vor Erschöpfung rauher Stimme fortfuhr: "Mein Sohn und ich sind auf dem Weg zur Grenze vom Sturm überrascht worden." Langsam, ganz vorsichtig schob er Romaeus nun wieder höher, nur so, daß gerade mal sein dunkler Haarschopf aus seinem Kragen heraus zu erkennen war. "Wir haben erst vor kurzem seine Mutter verloren, und brauchen Hilfe!" Er schluckte nervös. "Ich möchte euch bitten, uns zu eurem Rich zu bringen." Seine Worte waren weder gelogen, noch hatte er zuviel verraten. Hoffte er jedenfalls ... Wenn man ihnen keine Hilfe gewähren würde, dann ... Er wollte nicht wissen, was dann sein würde.
Geschichtenerzähler
Falko musterte die vermummte Gestalt eingehend. Der Mann war klatschnass und schien im Moment keine große Gefahr für das Dorf darzustellen. Sicherlich war er ein kräftiger Bursche, das konnte man selbst unter dem vom Regen schweren Mantel erkennen, doch sein Gesicht sah ausgezehrt aus, er wirkte mitgenommen. „Ragnar, aus dem Dorf des Alarichs, du befindest dich hier auf dem Gebiet der Mattiaker. Wie kommt es, dass du mitten in der Nacht alleine unterwegs bist?“, immer noch etwas misstrauisch sah er ihn an. Dann bemerkte er das kleine Wesen, dass der Fremde bei sich trug und dass er zuvor für Gepäck gehalten hatte. Er hatte selbst eine kleine Tochter und wusste um die Sorgen eines Vaters um sein Kind. Es war noch so klein, schien kaum ein paar Wochen alt. Es wirkte so ausgezehrt und unterkühlt, dass es die Nacht vielleicht nicht überlebte. "Was ist mit der Mutter geschehen? Wurdet ihr überfallen? Verfolgt man euch?" Falko unterdrückte den Drang ihn unverzüglich - des Kindes wegen - zu Osmund zu bringen, aber zuallererst war es seine Aufgaben sicherzugehen, dass das Wohl des Dorfes gewahrt blieb. Er nickte der anderen Torwache zu und gab ihm ein Zeichen, dass er vorlaufen sollte, um dem Rich bescheidzugeben.
Ragnar
All diese Fragen, die der Mann ihm nun berechtigterweise stellte, verunsichterten ihn nur noch mehr. Sein Herz pochte so hart und schnell, daß Ragnar befürchtete, die Torwachen müßten es hören können. Zuerst hatte er überlegt, ihnen einfach eine Notlüge aufzutischen, daß Romaeus' Mutter bei der Geburt gestorben wäre ... Nun aber merkte er, daß er eine Sekunde zu lange gezögert hatte, und daß die Angst ihm wohl regelrecht ins Gesicht geschrieben stand. "Ich ... ich bin auf der Flucht, aber ich weiß nicht, ob man uns verfolgt. Ich hoffe nicht, denn immerhin bin ich unbehelligt durch den Wald gekommen." Seine Zähne bissen unruhig auf die Unterlippe, und er hatte das Gefühl, sein Herz müsste jeden Moment zerspringen. Das, was er jetzt sagen mußte, war das Schwierigste. Denn er wußte nicht, wie weit es sich schon rumgesprochen hatte, daß ein römischer Sklave mit seinem unehelichen Sohn auf der Flucht war, und - aus Sicht der Römer - sogar dafür gemordet hatte. "Die Mutter des Kleinen ist Römerin, ihr ... Vater hatte verfügt, ihn zu töten, aber ... Ich hab ihr versprochen, ihn in Sicherheit zu bringen! Bitte, ihr ... müßt mir helfen, bitte ..." Für einen Moment schien sich alles um ihn herum zu drehen. Romaeus war so kalt und still und mager, und er hatte Larcia doch versprochen, daß ... Ragnar wankte. Daß er das Gleichgewicht verloren hatte, merkte er erst, als ein anderer Arm im Reflex vorschnellte und ihn vorm Fall bewahrte.
Geschichtenerzähler
Der Mattiaker reagierte blitzschnell. Seine freie Hand schnellte hervor und er fing den Fremden ab. Das, was er gesagt hatte, beunruhigte Falko, aber er konnte den Mann und vor allem das Kind nicht wieder hinaus in die Nacht und den Regen schicken. Er wollte sich nicht vor den Göttern verantworten müssen, wenn er Schuld am Tod des Säuglings war. „Ich bringe euch zu Osmund.“ Falko lehnte seinen Speer an die Palisade, um Ragnar besser stützen zu können und führte ihn in Richtung der Richshütte. Nun war das Tor einen Moment lang unbewacht, aber das passierte nun einmal.
Osmund hatte sich – von der Torwache alamiert – umgezogen und erwartete den nächtlichen Besucher bereits. Es kam nicht oft vor, dass Fremde hier inmitten einer solch stürmischen Nacht erschienen und wenn doch, dann brachten sie meist keine guten Nachrichten mit. Als Falko an die Tür klopfte, öffnete sofort eine Magd die Tür und die zweite Torwache half ihm den Besucher zu einer Bank zu bringen. Sich seine Überraschung nicht anmerken lassend ließ sich der Rich von Falko über das, was am Tor vorgefallen war, aufklären.
Beiträge: 3608 Mitglied seit: 11.11.2008 IP-Adresse: gespeichert
Ragnar
"Danke, g-geht schon ..." Mühevoll gelang es dem jungen Marser, wieder festen Stand zu finden. Der unerwartete Ruck hatte Romaeus offenbar erschreckt, denn nun begannen sich seine Lebensgeister wieder zu regen. Klägliches Protestgejammer tönte nun durch das Rauschen des Regens, während der Wächter sie durch das Dorf führte. Der Rich namens Osmund war wohl inzwischen informiert worden. Zumindest schien er entschieden zu haben, ihnen für die Nacht Zuflucht zu gewähren, denn sie wurden eingelassen, kaum daß die Torwache an die Tür geklopft hatte. Leise, doch eindringliche Stimmen drangen an seine Ohren, deren Worte oder Besitzer er die ersten paar Minuten lang vergeblich einzuordnen versuchte. Zwar registrierte er die Wärme und daß er auf irgendetwas saß, aber es dauerte eine Weile, bis er das Geschehen um sich herum wirklich bewußt wahr nahm. Ragnar mußte ein paarmal tief durchatmen, damit der Schwächeanfall vorüberging.
Irgendwann hörte er eine Frauenstimme, die ihn anwies, ihr das Kind zu geben. Erst da merkte er, daß er Romaeus noch immer krampfhaft unter seinem Mantel verborgen hielt. Vorsichtig wickelte er ihn aus und übergab das wimmernde Häufchen Elend an die fremde Frau. Er selbst zitterte ebenfalls vor Kälte am ganzen Körper, was ihm jedoch erst jetzt auffiel. Dennoch blieb er einfach wortlos, halb zusammengesunken sitzen und ließ die Frau, die sich um Romaeus kümmerte, keine Sekunde lang aus den Augen.
Geschichtenerzähler
„Schhhhhh“, machte die Richsfrau und nahm das Büdel aus den Armen seines Vaters. Ihre Augen waren nur auf das kleine Wesen gerichtet. Es war so winzig... und es sah so schwach aus. Sie hatte nicht lange gebraucht, hatte auf ihren Mann eingeredet und schließlich erreicht, dass man dem Fremden zumindest für diese Nacht ein Dach über dem Kopf bot. Sie wusste wie sie Osmunds Herz erweichen konnte, schließlich teilte sie schon lang genug ein Lager mit ihm. „Bringt dem armen Mann etwas Suppe.“, übernahm sie das Zepter und wies die Magd an, etwas zu Essen warm zu machen. „Und du brauchst erstmal etwas trockenes, mein Kleines.“ Behutsam wickelte sie den Säugling aus seinen nassen Windeln und rubbelte vorsichtig über die unterkühlte, gerötete Haut des Jungen. Er brauchte dringend Milch. „Wann hat dein Kind das letzte Mal an der Brust seiner Mutter gelegen?“ Alwine hatte ihr Kind bereits abgestillt, vielleicht ließ die junge Frau sich dazu erweichen den Kleinen zu stillen?
Ragnar
Nun mußte Ragnar doch die Augen schließen, vor Erschöpfung und weil er so besser nachdenken konnte. Vorgestern Morgen war es gewesen, als er Romaeus auf jener Waldlichtung vom Boden aufgehoben hatte. Zuvor hatte Larcia den Kleinen bestimmt nochmal gestillt, schließlich wußte sie, welch ein weiter Weg vor ihnen lag. "Wahrscheinlich in der vorletzten Nacht", erwiderte er müde. "Sie hat mir Ziegenmilch mitgegeben, um ihn für's erste zu versorgen, aber die verträgt er nicht." Der Rich selbst schien die Situation ein wenig skeptischer zu betrachten, doch er hielt sich zurück und ließ seine Frau gewähren. Ragnar kreuzte entschuldigend seinen Blick. "Tut mir leid, daß ich hier einfach so reinplatze", murmelte er betreten. Im nächsten Moment wurde ihm von der Magd eine Schüssel Suppe vor die Nase gestellt, die er dankbar entgegen nahm.
Geschichtenerzähler
Nun trat Osmund wieder auf Ragnar zu. Er machte ein nachdenkliches Gesicht. So ganz schmeckte ihm die Angelegenheit nicht, aber er konnte den Vater und vor allem den Säugling nicht einfach wieder vor die Tür setzen. Das Kind würde sterben, dass sah ein Blinder. Im gefiel die ganze Sache nicht. Es gab noch ein paar Widersprüche in der Geschichte, die ihm keine Ruhe ließen, aber der Mann konnte die Augen kaum noch offen lassen. Er glaubte nicht, dass er in dieser Nacht eine Bedrohung für sein Dorf darstellte. „Du wirst diese Nacht in meiner Hütte schlafen. Die Gästehütte ist bereits belegt.“ Er dachte kurz nach. „Meine Frau wird versuchen deinem Kind noch einmal warme Ziegenmilch geben.“ Er hob die Hand um Ragnar davon abzuhalten zu widersprechen. „Morgen in der Frühe werden wir eine Frau herbitten, die ihr eigenes Kind vor ein paar Tagen abgestillt hat. Ich kann niemanden dazu zwingen sich eines fremden Säuglings anzunehmen, aber vielleicht kann sie ihm helfen.“
Ragnar
Ragnar nickte schweigend, weil er erst noch seinen Mundvoll Suppe runterschlucken mußte. "Vielen Dank, Osmund." Dieses Angebot des Richs war beiweitem nicht selbstverständlich. Denn erstens war er ein Fremder für ihn, und noch dazu unter ziemlich dubiosen Umständen hier angekommen. Doch als Osmund nun vorschlug, es mit warmer Ziegenmilch zu versuchen, wollte er wirklich fast schon widersprechen, nickte dann jedoch schweigend. Einen Versuch war es immerhin wert. "Dein Wort in den Ohren der Götter", stimmte er seufzend zu. Er hielt einen Moment inne, ehe er hinzufügte: "Wenn es irgendwo etwas zu helfen oder zu tun gibt, dann sagt es mir bitte, ja? Es macht mir nicht aus, zu arbeiten, erst recht nicht, wenn's dabei um das Leben meines Sohnes geht. Das kannst du bitte auch der Mutter ausrichten", bat er ihn.
Er konnte nur schwer sein Gähnen zurückhalten, und nachdem er seine Schüssel geleert hatte, ließ er sich auf der freien Schlafstätte nieder, welche Osmund ihm zuwies. Ein paar Minuten noch ruhte sein unruhiger Blick auf der Richfrau und Romaeus. Der Kleine hatte inzwischen wieder aufgehört zu weinen, aber diesmal wurde die Stille von unregelmäßigem, aber deutlich hörbarem Schmatzen durchbrochen. Zusammen mit der Wärme und dem Wissen, daß sie wenigstens für diese Nacht sicher waren, war das Geräusch eine einzige Wohltat für ihn. Es dauerte nicht lange, und der junge Vater war in einen tiefen, erschöpften Schlaf versunken, der ungestört bis zum nächsten Morgen anhielt.
Beiträge: 1006 Mitglied seit: 26.11.2008 IP-Adresse: gespeichert
Osmund hatte nicht gut geschlafen in dieser Nacht. Er zweifelte. Er wusste, dass er nach seinem besten Wissen und Gewissen gehandelt hatte. Er hatte das Schicksal des Kindes nicht besiegeln wollen. Die Götter hatten sie zu den Toren seines Dorfes geschickt und ihm damit doch den Auftrag gegeben dem Fremden zu helfen, oder? Bereits in den frühen Morgenstunden klopfte es erneut an der Tür der Richshütte. Dieses Mal baten die Wachen Osmund nach draußen und schnell klärte sich auch auf warum. Der Mann - oder zumindest sein Kind - der gestern hier gestrandet war, schlief noch tief und fest. Was sie wohl durchgemacht hatten?
Ein berittener Bote stand vor dem Tor. Ein Römer. Osmunds Nasenflügel blähten sich vor Zorn kurz auf. Er mochte diese Burschen nicht. Wenn einer dieser Reiter auftauchte, so bedeutete dies in der Konsequenz stets Ärger, sehr großen Ärger und er wollte jeglichen Zwist von seinem Dorf fernhalten. „Heilsa.“, grüßte er den Boten verhalten. „Man sagt mir, dass du eine Nachricht für uns hast?“ „Salve.“, der Römer sah den Rich abfällig an. Er machte sich nicht einmal die Mühe von seinem Pferd zu steigen. „Ich bin auf der Suche nach diesem Mann hier.“ Der Reiter zog eine Pergamentrolle aus seiner Tasche und zeigte sie Osmund. Es war ein Steckbrief, auch wenn er des Lateinischen nicht mächtig war, so erkannte er es doch deutlich und das Gesicht, das dort zu sehen war, erinnert ihn stark an... Nein, das durfte nicht sein! Er schluckte und versuchte sie nichts anmerken zu lassen. Die Torwachen wurden unruhig, sagten jedoch nichts. Sie vertrauten auf die Entscheidung des Richs. „Es verirren sich nicht viele Fremde in diese Gegend.“, antwortete er ausweichend. „Sag, was hat dieser Mann verbrochen?“ Osmund nahm ihm das Schriftstück ab und rollte es wieder zusammen. „Der Gesuchte ist ein entflohener Sklave. Er hat auf seiner Flucht einen römischen Bürger getötet, den Sohn seines Herrn. Ihr seht also, dass es sich um einen gefährlichen Mann handelt. Wenn ihr etwas über den Verbleib dieses Mannes wisst... Nun, der Vater des Ermordeten wird sich für jeden Hinweis erkenntlich zeigen.“ Osmund nickte langsam. Auf was hatte er sich da nur eingelassen.. Aber nun war es zu spät, er hatte diesem Ragnar Unterschlupf und Schutz gewährt. „Wir werden die Augen offen halten.“
Der Rich sah dem Reiter nach, der schnell hinter dem nächsten Hügel verschwand. Er strich sich durch seinen Bart und schritt gemächlich zurück zu seiner Hütte. Den Steckbrief hielt er noch immer in seiner Hand. Er würde Ragnar zur Rede stellen müssen. Er würde die Geschichte aus seiner Sicht hören, denn der Bote hatte nichts von einem Säugling erzählt. Wie nicht anders zu erwarten war, waren nun alle in der Hütte wach. Seine Frau und die Mägde bereiteten das Frühstück vor. Osmund setzte sich an den Tisch und winkte Ragnar zu sich heran. Er fragte ihn kurz nach der Nacht, erzählte, dass die Mutter, um den Säugling zu stillen bereits auf dem Weg war und kam dann aber schnell zu Punkt. Vom Boten erzählte er ihm noch nichts, von der steckbrieflichen Suche nach ihm auch nicht. „Nun, Ragnar, dann erzähl doch mal warum du genau auf der Flucht bist.“
Beiträge: 1156 Mitglied seit: 13.12.2008 IP-Adresse: gespeichert
Als Ragnar endlich erwachte, waren die anderen Hausbewohner bereits auf den Beinen. Der Rich war nirgends zu sehen, jedoch seine Frau, die soeben das weiche Fell über dem schlafenden Romaeus zurechtrückte. Ein letztes Mal rieb Ragnar sich die Augen, um anschließend seine Haare einigermaßen glatt zu streichen und hinter die Richfrau zu treten. "Guten Morgen! Wie geht's ihm?" "Er ist immer noch sehr erschöpft, aber die Wärme hat ihm gut getan, berichtete sie ihm mit einem warmen Lächeln. Die warme Milch hat er auch gut vertragen, der Kleine scheint doch ein recht zäher Bursche zu sein. Übrigens, mein Name ist Sonngard." Ragnar nahm das Lob mit einem halben Grinsen entgegen. "Aber ohne eure Hilfe hätte er die Nacht bestimmt nicht überlebt - ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll." Sonngard winkte freundlich ab. "Das ist doch gern geschehen. Ich bin sicher, die Götter haben dich und deinen Sohn nicht ohne Grund vor unser Tor geführt. Du kannst dich später immer noch erkennlicht zeigen, sollte sich etwas ergeben. Aber erstmal müßt ihr beide wieder zu Kräften kommen. Wohin soll eure Reise überhaupt gehen?" "Oh, mir geht's schon viel besser. Ich will Romaeus in mein Heimatdorf bringen, dem Dorf des Alarich", setzte Ragnar an, wurde jedoch unterbrochen, als Osmund zurück in die Hütte kam.
Sonngard brauchte nur einen Blick auf ihren Mann werfen, um zu wissen, daß irgend etwas nicht stimmte. So zog sie sich unauffällig in den Kochbereich zurück, um den Frühstücksbrei fertig zuzubereiten. Rangar war unwillkürlich den Bewegungen des Richs gefolgt, und unwillkürlich strich er noch einmal kurz über Romaeus dunklen Haarschopf, als Osmund ihn zu sich winkte. Die Frage, die er ihm stellte, verwunderte ihn nicht wirklich. Eigentlich hatte er schon gestern damit gerechnet, doch da war sie wohl im allgemeinen Chaos, das seine Ankunft mit sich gebracht hatte, untergegangen. Betroffen nahm er schräg gegenüber vom Osmund Platz.
"Die Geschichte ist ziemlich verworren", meinte er, und wie so oft biß er schon wieder auf seiner Unterlippe herum. "Das ganze fing nach der Varusschlacht an ... Ich war in einem Erkundungstrupp, der am Rhenus von den Römern gestellt wurde. Der Mann, der mich gefangennahm, sah mich als besondere Trophäe an, weil mein Bruder im Kampf scheinbar seinen Schwager getötet hatte. Deshalb machte er mich seiner Schwester zum Geschenk, eine außergewöhnliche Form der Vergeltung und auch ... Er hatte wohl gehofft, daß es ihr über die Trauer hinweghilft. Und das hat es auch, aber anders, als er sich dachte ...", Ragnar zögerte merklich, fuhr sich nervös mit den Fingern durch die Haare. "Zuerst war es nur die Tatsache, daß wir beide auf unsere Art einsam waren, jeder von uns hatte das verloren, was ihm am meisten bedeutet hat. Ich meine Familie und meine Heimat und Larcia ihren Ehemann ... Offiziell war ich bloß ihr Sklave, aber im Grunde waren wir schon längst Freunde, bis und irgendwann klar wurde, das wir ... uns verliebt hatten. Aber uns war auch klar, daß es sowas nicht geben durfte, und deshalb ... haben wir uns geschworen, daß es nie mehr ala diese eine Nacht geben dürfte", faßte er den Rest der langen Geschichte zusammen. "Tja, und dann hat er sich plötzlich angekündigt", er nickte zu dem Körbchen rüber, in dem Sonngard für Romaeus letzte Nacht ein Notlager hergerichtet hatte. "Larcia war überglücklich, weil sie sich schon immer ein Kind gewünscht hatte ... Naja, ihre Eltern und ihr Bruder waren natürlich nicht sehr begeistert. Wir haben's ihrer Mutter zu verdanken, daß ich nur weiterverkauft wurde und somit am Leben blieb, und auch, daß Larcia unser Kind zur Welt bringen durfte, unter der Bedingung, daß sie es aussetzen sollte. Ein guter Freund hat uns geholfen, daß wir trotz der Entfernung Briefkontakt halten konnten ... Larcia wollte unser Kind wie befohlen aussetzen, an einem Ort, wo ich es finden und in Sicherheit bringen sollte. Es hätte fast geklappt ..." Wieder verfiel der junge Mann einen Moment in Schweigen. Er mußte die Augen schließen, um das Entsetzen jenes Morgens, der nur wenige Tage zurücklag, niederzukämpfen. "Plötzlich stand ihr Bruder hinter mir. Ich hatte ihn nicht kommen hören, er stand auf eimal da und ist mit dem Schwert auf Romaeus und mich losgegangen ... Ich weiß gar nicht genau, was passiert ist, ich wollte mich nur wehren ... und dann lag er da, voller Blut." Sein Blick hing irgendwo auf der Tischplatte, während er versuchte, seine zitternde Stimme unter Kontrolle zu halten. "Ich wollte ihn nicht töten ... Ich wollte nur unser Kind in Sicherheit bringen. Ich hab's Larcia versprochen." Zögernd fanden seine blauen Augen die des Richs. "Ich und mein Sohn verdanken dir unser Leben, Osmund. Ohne diesen Sturm gestern wäre ich wahrscheinlich nie zu deinem Dorf gekommen ... und wenn du möchtest, daß ich den Kleinen nehme und von hier verschwinde, dann versteh ich das."