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Seine eigenen Fehler erkennen und bewusst jeden Tag aufs Neue begehen |
voe | ||
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Gruppe: Benutzer Rang: Beiträge: 3 Mitglied seit: 23.04.2006 IP-Adresse: gespeichert | Hallo, ich heiße Sebastian, bin 17 Jahre alt und besuche ein Gymnasium. Zumindest nur physisch, meine Gedanken schweifen meistens bei meinem Computerspiel World Of Warcraft. Ich langweile mich in der Schule fast zu Tode, aber alleine der Gedanke an dieses Spiel erreicht in gewisser Weise eine Befriedigung. Am liebsten spiele ich PvP (player versus player). Das ist eine Möglichkeit, auf Schlachtfeldern, gegen andere Spieler anzutreten und sie zu besiegen. Deswegen bin ich warscheinlich so vernarrt in dieses Spiel. Man hat keine Computergegner, die Gegner sind richtige Menschen, die denken, die vorraussehen können, was ich als Nächstes vorhabe. Man muss sich Taktiken überlegen, Vorgehensweisen, die Spielweisen der Gegner analysieren, ihre Schwächen rausfinden und dann besiegen. Dafür wird man durch ein Ehrensystem belohnt. Und natürlich mit der Anerkennung anderer Spieler. Anerkennung, die mir im wirklichen Leben fehlt. In der Schule ist mir früher immer alles zugeflogen, nie musste ich etwas für die Schule tun. Die Lehrer sagen, dass ich in jedem Fach mindestens 2 stehen könnte... aber ich bin zu faul, ich war es schon immer... Spielen ist viel einfacher, es macht Spaß, es befriedigt, es gibt sogar Energie. Man vergisst alles um sich herum. Vergessen ist oft ein Segen. Alle Probleme, denen man sich vorher stellen musste, sind scheinbar nicht mehr da. Man muss keine Hindernisse wie Faulheit überwinden, wofür ich mich quälen müsste, was ich nicht kann. Jetzt habe ich das Gefühl vergesslich zu werden, ich vergesse sogar dauernd, was ich vor 10 Minuten gesagt habe. Ich habe das Gefühl zu verblöden, immer kindlicher statt reifer zu werden. Meine Eltern erkannten meine Sucht und bemerkten meinen starken Leistungsabfall. Sie haben mir zuerst Fristen gesetzt, dass ich zum Beispiel nur 3 Stunden spielen darf. Ich war nicht im Stande mich daran zu halten. Ich habe sie belogen, was ich sogar jetzt in diesem Moment tue. "ich hab noch nicht 3 Stunden gespielt." "ich weiß nicht wie spät es ist und wann ich angefangen habe." Meine Eltern wussten es aber und haben mir kurz darauf das Spiel abnehmen wollen. Ich habe ihnen nur die CDs gegeben und sie sind in dem Glauben, ich könnte es nicht mehr spielen. Man braucht keine CDs. ich vertraue meinen Eltern auch nichts mehr an, ich bevorzuge eher meine Freunde in diesem Spiel, die ich auch im wirklichen Leben kennengelernt habe. Sie haben das gleiche Problem. unter Ihnen ist jede Alterklasse zu finden. Sogar ganze Familien sind dem Spiel verfallen, Vater, Mutter, Kinder... Es ist wie eine Seuche, die einen von innen auffrisst. Man weiß es, man weiß, dass es einen zerstört, aber man kann nicht mehr davon weg. Ich trinke Cola, um mich wachzuhalten, um im Spiel nicht einzuschlafen ( was mir einmal passiert ist). Ich habe ganz verfärbte Zähne bekommen. Meine Familie leidet unter mir, sie kritisieren mich den ganzen Tag, wollen mich kontrollieren. Besonders nach diesen Auseinandersetzungen habe ich erhöhtes Verlangen, zu spielen. Ich denke nicht, dass mir jemand helfen kann, auch wenn dies behauptet wird, das muss ich selber tun. Aber es wäre wie eine tiefe Wunde, die ich mir selbst zufügen müsste und das kann ich nicht. Die Qualen wären zu groß. | |
23.04.2006 03:37:41 | ||
gabriele_farke | ||
Gruppe: Administrator Rang: Beiträge: 3415 Mitglied seit: 26.03.2006 IP-Adresse: gespeichert | Sebastian, danke fuer die ehrliche Schilderung Deiner Gefuehle und Empfindungen. Du ueberschreibst Deinen Beitrag mit "Seine eigenen Fehler erkennen und bewusst jeden Tag aufs Neue begehen". Muesste es nach Deinem Bericht nicht viel eher heissen: "Seine eigenen Fehler erkennen und sie bewusst jeden Tag aufs Neue begehen"? Du begehst den TAG nicht bewusst, Sebastian! Du bist kein dummer Junge, Sebastian, und darum tut es mir doppelt leid um Dich! Du koenntest Deine Kapazitaeten real so wunderbar nutzen und Dir echte Anerkennung erarbeiten (Du, das macht richtig Spass, viel mehr noch als in jedem PC-Spiel!). Aber es hat keinen Sinn, Dir zu sagen, was Du zu tun oder zu lassen hast, denn Du hast es ja laengst erkannt, Du musst es einfach selbst wollen, sonst ist jedes Wort sinnlos. Ich hoffe nur fuer Dich, Deine Familie und Dein persoenliches Umfeld, dass Du ganz bald aus diesem Traum aufwachst und beginnst, etwas fuer DICH zu tun! Du spuerst doch selbst, dass etwas schieflaeuft, nicht wahr? Du bist stark genug, auch ohne WoW auszukommen!!! Der Witz ist, dass andere (Noch-Mitspieler) Dir insgeheim fuer den Ausstieg Anerkennung zollen werden, die Du als Mangel so beklagst. Wetten? Alles Gute!
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23.04.2006 10:13:38 | ||
voe | ||
Gruppe: Benutzer Rang: Beiträge: 3 Mitglied seit: 23.04.2006 IP-Adresse: gespeichert | [QUOTE=geschrieben von gabriele_farke am 23.04.2006 10:13:38] Sebastian, danke fuer die ehrliche Schilderung Deiner Gefuehle und Empfindungen. Ich habe zu danken, dass es Leute gibt, die sich mit den Aussagen der Betroffenen auseinandersetzen und versuchen, ihnen zu helfen. Mich hat auch sehr überrascht,als ich einen Artikel in der Computerzeitschrift "Gamestar" gelesen habe, dass diese neue "Krankheit" so verbreitet und bekannt ist. (Ja, das "sie" hab ich in der Überschrift wohl vergessen ) Ich habe nicht alles erzählt. Ich habe vor ungefähr einem halben Jahr für einen Monat Computerverbot bekommen, da eine meiner Lügen aufgeflogen ist. Ich habe es geschafft, diesen Monat ohne einen Computer auszukommen, jedoch habe ich meine gesamte Zeit mit anderen Spielen oder Hobbies verschwendet. Ich habe das Gefühl, dass ich, wie ein Kleinkind, den ganzen Tag irgendetwas spielen muss! Bei mir scheint es gewissermaßen eine Rückentwicklung zu geben. Es gibt ein Sammelkartenspiel namens "MAGIC The Gathering" Ich habe sicher schon mehrere Hundert Euro für diese bedruckte Pappe ausgegeben! Und wenn ich einmal nicht an meinem Rechner sitze, gehe ich in ein Geschäft in der Innenstadt, welches diese Karten verkauft und den Spielern ermöglicht, dort an den Tischen zu spielen. Wenn ich dort hingehe, bleibe ich meistens ungefähr 8 Stunden, bis der Laden schließt. Und es kommt mir so vor, als wären es höchstens 2 Stunden gewesen. In diesem Geschäft kommen auch alle Altersklassen zusammen, aus unterschiedlichsten sozialen Schichten. Nicht umsonst heißt dieses Spiel "The Gathering". World Of Warcraft ist ein Spiel wie jedes andere. Natürlich kann ich davon wegkommen. Das dürfte nicht allzu schwer sein. Ich weiß aber, dass ich mir für jedes Spiel, was ich aufhöre zu spielen oder gezwungen werde damit aufzuhören, einen Ersatz suchen werde. Ich muss zugeben, dass eine Trennung von World Of Warcraft sehr schwer geworden ist, da mir einige Leute, besonders die, mit denen ich mich schon getroffen habe, sehr am Herzen liegen. Meine Sucht hat nicht in World Of Warcraft oder einem anderen Spiel ihre Wurzeln. Mir ist immer alles zugeflogen, nie musste ich für irgendetwas arbeiten. Spaß stand immer im Vordergrund. Ich habe immer das bekommen, was ich wollte. Ich spiele Gitarre, bin im Karateverein... Jeder Wunsch wird mir erfüllt. So war es immer. Jetzt kommt mir nicht mehr alles zugeflogen. Meine Versetzung in die Stufe 12 ist gefährdet. Ich habe natürlich sofort Nachhilfe bekommen, aber die Klausuren in meinen Problemfächern sind schon geschrieben. Ich habe versucht, die Ferien mit Lernen zu verbringen, aber an die von meinen Eltern angegebene Zeit von 4 Stunden am Tag habe ich mich nie gehalten. Sie gehen davon aus, ich hätte es getan. | |
23.04.2006 13:30:12 | ||
Snaia | ||
Gruppe: Benutzer Rang: Beiträge: 12 Mitglied seit: 02.05.2006 IP-Adresse: gespeichert | Ganz so einfach ist es wohl nicht, loszukommenAber du hast schon recht, das Problem ist nicht WoW, das Problem ist das ewige Ablenken von was auch immer grad ansteht. Ich hab erst alle Standalone games durchgespielt, dann Online games angefangen. Und jetzt muss ich echt gucken, dass ich mir nicht einfach die nächste Sucht anlache. Wie du sagst, ist bei Online games auch das soziale da. Ich mag die Leute da und vor allem, die die ich auch in RL kennengelernt habe, sind mir echt wichtig. Die kann ich aber mit Verabredung auch 2 Stunden in der Woche treffen. Oder 4, oder was auch immer. Die *Sucht* wird davon nur unterstützt, nicht völlig erklärt IMO. Gibt es in deiner Nähe eine Selbsthilfegruppe? Du bist dir soviel schon bewusst und hast soviele Resourcen (oder hattest, aber ich bin sicher, die kommen wieder zurück). Ich glaube, Du musst da echt rauswollen. Dann schaffst du dir die Umwelt, die dich darin unterstützt. Deine Eltern sind das offenbar nicht. Aber andere Süchtige und Ex-Süchtige kannst du nicht einfach so belügen. Die wissen, was Sache ist. | |
02.05.2006 13:16:31 | ||
Equaldin | ||
Gruppe: Benutzer Rang: Beiträge: 1 Mitglied seit: 11.01.2008 IP-Adresse: gespeichert | Ich muss sagen ich erkenne mein Spiegelbild in der Geschichte am Anfang dieses Threads... Mir ging es genauso ich musste nie etwas für die Schule tun und bin immer gut weiter gekommen und jetzt wo ich etwas tuen müsste bin ich zu faul. Ich bin jetzt seit ca 1 woche von WoW weg und hoffe das es auch so bleibt. Nur leider sitze ich jetzt oft (wie grade) vor meinem Pc und weiß nichts aber auch Garnichts mit mir anzufangen... Meistens lese ich dann in dem Forum hier um mich darin zu bestärken das die Entscheidung richtig war aufzuhören. Ich wünsche demEröffner dieses Threades noch viel Glück weiterhin und sowiso allen die das lesen ;) | |
12.01.2008 23:17:47 | ||
voe | ||
Gruppe: Benutzer Rang: Beiträge: 3 Mitglied seit: 23.04.2006 IP-Adresse: gespeichert | Hi, ich bin's wieder, Sebastian... ich bin grad zufällig auf dieses Forum hier gestoßen, weil ich aus Langeweile meinen nickname gegooglet habe. Ich habe nochmal gelesen, was ich damals vor ein paar Jahren geschrieben hatte und ich kann es ehrlich gesagt kaum noch glauben.^^ Ich hatte nach diesem Threat eine Email bekommen, von RTL glaub ich... die wollten, dass ich mich bei so einer "Reality"-Doku zur Schau stellen lasse^^. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich ein vollkommen anderes Leben führe. Ich habe mich damals einem Psychologen anvertraut, weil ich einfach mal einen neutralen, distanzierten Menschen brauchte, dem ich mein Problem anvertrauen konnte... Nach ein paar Monaten war das Problem WoW gegessen.^^ WoW war nicht wirklich mein Problem, sondern die Flucht vor Verantwortung, vor meinen Mitschülern, die mich damals echt schlimm gemobbt hatten, vor allem, was unangenehm war. Als ich dann mein Abi geschafft hatte, regelte sich alles von alleine... ich hatte keinen Kontakt mehr zu meinem alten Umfeld, habe mir neue Freunde gesucht, habe schon seit 2 Jahren eine Freundin, gehe gerne raus Party machen, habe Auftritte mit meiner Band hinter mir und arbeite im Sozialen Bereich. Zur Selbstständigkeit habe ich mich gezwungen, indem ich in eine eigene Wohnung zog und jetzt auf mich angewiesen bin. Ich spiele immernoch WoW und MtG, allerdings in Maßen. Ich bin 21, mache alles was ich will und was mir Spaß macht. Das wird mir niemand verbieten können. Mittlerweile ist WoW nicht mehr mein Ventil, sondern ab und zu ein netter Zeitverteib. Danke für eure Antworten, für euer Mitgefühl und eure Glückwünsche ciao | |
10.08.2010 13:45:46 | ||
Dean | ||
Gruppe: Benutzer Rang: Beiträge: 119 Mitglied seit: 01.06.2010 IP-Adresse: gespeichert | Hallo Voezen, habe den Thread eben erst gelesen, da neues Datum. Also ich muss schon sagen du hattest mit 17 schon eine sehr vernünftige Ansichtsweise, du hast schon so einiges erkannt... Sich selber so trocken zu beschreiben, ist nicht jedermanns Sache, daher Hut ab und größten Respekt vor deiner Leistung! Auch wenn es noch einige Tage gedauert hat, so hast du selber entschieden das du dir eine weitere Meinung einholst, sie sogar akzeptiert und umgesetzt hast, einfach klasse... Glückwunsch und alles gute in deinem weiteren Werdegang. lg
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11.08.2010 11:20:28 | ||
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