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Forum Übersicht » Ausstiegstagebuecher » Ausstiegstagebuecher für BETROFFENE » Tagebuch von Nachtfalter OSS (Start 10.02.2009)
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Tagebuch von Nachtfalter OSS (Start 10.02.2009)
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10.02.2009
Gut ein Jahr ist es schon her, dass ich meine Frau geheiratet habe. Fast sieben Jahre sind wir schon zusammen. Immer wieder hatte ich mir vorgenommen, damit aufzuhören. Nie ist es mir gelungen. Einzig die abnehmende Tendenz kann ich vorweisen. Aber das reicht mir nicht – und ihr wohl auch nicht. Das ich nun hier bin, weiß sie nicht. Denn seit 2 Jahren glaubt sie wahrscheinlich, dass ich nicht mehr auf Pornoseiten war. Doch die traurige Tatsache ist, ich war es und vielleicht werde ich es in den nächsten Tagen wieder sein – wenn ich nicht endlich einen richtigen Weg finde, dagegen anzugehen.

Aller Anfang ist schwer, aber wenn man erst einmal losgelegt hat, wird es leichter (so zumindest oft meine Erfahrung). Und bei jeden Rückfall habe ich mir selbst Trost gesucht – zumindest beim Herrn Gott habe ich ihn gefunden. Mein Glauben macht es für mich leichter. Denn ich sage mir ständig – ich kämpfe; ich kämpfe dagegen an, auch wenn es mir bisher nicht gelungen ist und ich immer wieder stolpere – aber ich versuche es zumindest. Und hoffe dabei, eines Tages den richtigen Weg gefunden zu haben. Dass der Herr mir diese Suche nicht abnehmen kann, weiß ich, doch ich denke er wird nach jedem Stolpern mir wieder aufhelfen und fühle, dass er sagt „Versuche es wieder – gib nicht auf!“ So kommt es nicht von ungefähr, dass ich im Kalender des Losungsbuch die Tage der „Verfehlung“ markiere. Das letzte Mal: 5 Februar.

Kann es das letzte Mal gewesen sein?

Ich weiß es nicht, aber ich würde es mir wünschen. Seit gestern versuche ich auf die Fragen von Gabriele zu antworten. So versuche ich auch, mein Kopf und die Gedanken darin zu ordnen. Es gibt genug nachzudenken.

Da ist zum einen der ständige Vertrauensbruch, der mir am meisten zu schaffen macht. Wenn man der Frau, die man liebt, für die man verantwortlich sein will, der man vor einem Jahr versprochen hat, sie auf ewig zu lieben – bis das der Tod uns scheidet – wenn man diese Frau belügt. Wir kommen selten auf das Thema zu sprechen und mittlerweile versuche ich eher auszuweichen, denn eine faustdicke Lüge fällt mir schwer. Glücklicherweise kommen wir selten genug drauf zu sprechen, denn die Möglichkeiten unabhängig ins Netz zu gehen sind für mich eh gering. So hofft sie, dass weniger passiert.

Doch durch meinen Auslandsjob derzeit habe ich Zugang zum Netz – sie weiß es auch, aber der Zugang wird über einen Admin (vermute ich) überwacht und so denkt sie, dass nichts passiert. Die richtig harten Seiten meide ich auch, aber es gibt immer Mittel und Wege um einen Admin zu täuschen, der kein deutsch sprechen kann. Doch was mir das gezeigt hat: Ich bin nicht bereit für das sorgenfreie und unbeaufsichtigte Surfen im Netz. Und das ist der Grund warum ich letztendlich hier bin, warum ich diesmal mehr will, als nur Kontrolle über meinen Konsum. Denn ich denke, es könnte eventuell wieder schlimmer werden, wenn ich nicht dagegen arbeite.

Die letzten Tage waren sehr entspannend und das Bearbeiten dieser Thematik hat mich abgelenkt oder eigentlich eher „genötigt“ mich ganz mit meinem Problem auseinander zu setzen. Der Drang war also nicht vorhanden. Bleibt die Hoffnung, dass es so bleibt und ich hier das finden kann, was ich sonst rastlos auf Pornoseiten suche: den Ausgleich.

Doch genug geredet. Es ist tolles Wetter hier im Gegensatz zu Deutschland und da ist es wichtig, den Rechner und die Sucht wegzuschieben. Ein Sonnenuntergang am Meer, während Deutschland (und wohl meine Frau auch) friert. Da ich nicht mich an sie drücken kann, muss ich die Sonne allein genießen und werde laufen gehen. Sport hilft – hat es zumindest meistens in der Vergangenheit…



10.02.2009 18:16:00  
littlegeorgefehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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Hallo Nachtfalter,

herzlich willkommen hier. Es freut mich, dass Du Dich hier so offen outest und auch von Deinem Glauben spricht. Ja der Glaube kann einiges leichter machen und helfen, aber er entzieht uns nicht die Verantwortung für unser tun. Aber ich bin froh und dankbar, für die Gnade, die wir durch Jesus Christus erhalten dürfen, wenn wir sie denn wollen.

Ich wünsch Dir wirklich viel Erfolg auf Deinem Weg und ein große "Portion" Gottes Segen dazu.

Liebe Grüße Littlegeorge

P.S. Da könnte man ja fast ein bischen neidisch werden, wenn Du jetzt irgendwo in der Sonne liegst. Wir in Deutschland ersticken gerade fast im Schnee. Aber lass es Dir nur gut gehen Zwinkern.


10.02.2009 21:11:49  
Jurekfehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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Hallo Nachtfalter,

auch von mir erstmal ein herzliches Hallo. Deine ausführlichen und wahren Worte sagen mir, dass du zumindest weißt, worum es geht und dass du den Kampf aufgenommen hast. Das ist positiv, es wird ein schwerer Kampf werden, am schwersten dann, wenn man glaubt, man stehe mal wieder über den Dingen, aber es wird auch ein Kampf werden, der sich lohnt. Für dich, Dein Gewissen, Deine Frau, Deine Zeit, Dein Leben. Tückisch sind vor allem die kleinen Lücken (Siehe admin), die man sich schafft um doch heimlich irgendwo auf die Seiten zu gehen, die einem eigentlich schaden. Versuche die, vielleicht auch mithilfe einer Software oder deiner Frau abzustellen und zu sperren, das hilft mir zumindest über das erste Süchteln hinweg und macht die Hürde größer.

Ich glaub an Dich, lass dich nicht unterkriegen und genieß die Sonne.

LG
Jurek


11.02.2009 07:45:26  
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11.02.2009
Gott, was für ein Tag. Ich bin nicht nur fertig - ich bin total erledigt. Aber meine Finger haben noch ein bisschen Kraft bevor ich mit schlechtem Gewissen ins Bett gehen werde - warum, weil direkt links neben mir ein dickes Buch liegt, was ich bearbeiten muss. Aber ich schaffe es nicht mehr, meinen Geist heute noch dazu aufzuraffen.

Web 2.0 hat auch seine schönen Seiten. Heute habe ich über eine Stunde mit meiner Frau im fernen Deutschland videotelefoniert. Seit bald 2 Monaten habe ich sie nur noch so gesehen. Im Vergleich dazu kommt mir die Fernbeziehung in Deutschland wie ein "gemeinsamer Urlaub mit kurzer Unterbrechung" vor. Dort sehen wir uns wenigstens alle 14 Tage. Aber wir können die Situation derzeit nicht ändern - wir müssen da beide durch. Und jeden Tag, den ich sie mit der Webcam sehe, sagt mir auch mehr, wie sehr ich sie vermisse und was sie mir bedeutet.

Nach einem übelst langen Labortag war der Feierabend die Erlösung und ich hatte die Schuhe noch nicht richtig ausgezogen, da war ich schon Sportklamotten unterwegs, um dem Abendsport zu frönen. Das ist gut und schafft den Ausgleich. Aber wenn ich mir in 30-45 Minuten vielleicht Kalorien und Gedanken aus dem Körper vertreibe, blase ich auch den Rest an "Rechenleistung" meines Hirns durch die Ohren hinaus. Jedenfalls geht jetzt nichts mehr und der Schmöker ist mir nun eine Nummer zu hoch. Aber verdammt nochmal, ich muss reingucken, denn ich brauche es im nächsten Monat für die Arbeit.

Naja aber ich kann mich freuen. Morgen werde ich definitiv abends nicht am Rechner hocken. Denn mein Bruder, selbst derzeit von zuviel Arbeit geplagt, kommt mich besuchen. Er hat Sehnsucht nach der Sonne und einem Ort, wo ihn seine Kalkulationstabellen und Jahresplanungen nicht verfolgen (kann ich gut verstehen).

Da ist es schon Ironie der Geschichte, dass es eben dieser Bruder ist, mit dem ich mich früher regelmäßig gezofft habe. Man soll ja nicht hassen, heißt es, aber wir waren wohl beide sehr nah dran. Dann habe ich in meiner Sucht eine wirklich üble Zeit durchgemacht, wo ich am tiefsten Abgrund stand. Und er war da. Ohne Vorbedingung, ohne Nachfragen. Er war einfach mein Bruder. Hat alles akzeptiert, nichts hinterfragt, was ich nicht sagen wollte. Er wollte einfach helfen. Die Sache von damals ist ausgestanden und ich hatte mir geschworen, dass ich auch für ihn dasein muss. Leider war das viel zu schnell der Fall. Seine Frau hinterging ihn und war abgehauen - und ich war wieder zu weit weg, um richtig zu helfen. Was ging, habe ich versucht. Alles was irgendwie möglich war, um ihn zu stützen und aufzubauen. Er nahm jede Hilfe und jede Aktivität dankbar an und sagte nie nein.

Doch seitdem sind wir einander nicht mehr fremd. Wir akzeptieren uns und ich könnte mir keinen Tag vorstellen, wo er nicht mein Bruder ist. Und er kommt morgen, hier in die Fremde ein Stückchen Heimat. Ich freue mich sehr darauf, aber ich wappne mich auch. Er hat mir damals viel Material über Hilfe aus der Sucht geschickt, ohne zu wissen, wie schlimm es bei mir ist oder ob ich es überhaupt brauche. Wir wollten immer darüber reden, unter vier Augen, aber es hat sich nie ergeben. Nun ist er morgen da. Vielleicht kommen wir auf das Thema. Ich denke, ihm würde ich einige Dinge erzählen. Er hat angedeutet, dass er selbst ein paar Erfahrungen gemacht hat.

So oder so, es wird ein schönes und spannendes Wochenende. Und ich werde wohl später schreiben wie es war...

Nun fehlt mir die Lust um noch irgendwas zu machen: Ich habe fertig für heute. Außer eines - ich muss noch ein Blick in das wichtige Buch werfen, denn das brauche ich für mein Gewissen "damit ich am Abend wenigstens noch ein bisschen was gearbeitet hab".

Ich sende euch die besten Grüße aus dem Süden (auch hier muss man arbeitenEnttäuschtes ist schließlich kein Urlaub).

Nachtfalter


11.02.2009 23:35:13  
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15.02.2009
Wieder zurück vom sonnigen Wochenende mit meinem Bruder, will ich ein paar Zeilen hierlassen. Es ist schon verwunderlich, wie schlecht man die eigenen Geschwister kennt. Ich glaube, ich habe noch nie so lang und tiefgehend über die Problematik mit jemanden gesprochen, wie an diesem Wochenende. Mittlerweile glaube ich, dass alle Männer so sind wie wir. Es gibt da keine Ausnahme und selbst viele die über Porno reden und sie kritisieren, werden es vielleicht insgeheim selbst genießen, das eine oder andere Mal einen zu sehen. Oder zumindest Bilder, oder sonst was. Ich will hier nichts relativieren, mein Bruder und ich kämpfen anscheinend mit gleicher Kraft dagegen an, aber so richtig klappen tut es halt nicht. Es ist halt einfach auch eine Art animalische Natur in uns, die sich nicht abstellen lässt. So bleibt halt nur, das Wappnen dagegen. Naja, es flossen viele Mojitos in dem stundenlangen Gespräch, aber es ist gut zu wissen, dass es jemanden gibt, mit dem ich sprechen kann, weil ich halt nicht mit jeder Sache zu meiner Frau gehen würde. Ich will sie ja nicht noch weiter verletzen. Ich will etwas dagegen tun – und im Augenblick kann ich das besser ohne sie.

Was aber in Zukunft sein wird, mal schauen. Da müssen wir dann Hand in Hand arbeiten an der Sache, denn wir werden wohl spätestens in einem halben Jahr wieder zusammenwohnen und dann will ich mir keine perfiden Tricks mehr einfallen lassen müssen, um sie zu „beruhigen“ indem ich alles vertusche. Doch die letzte Woche habe ich mich mehr als einmal gefragt:
„Lieber Gott, du siehst doch alles was ich tue. Dir entgeht nichts von meinen Fehlern und meinen falschen Versprechen meiner Frau gegenüber. Und doch gibst du mir alles Glück der Welt? Das kann ich manchmal nicht verstehen.“
Doch dann glaube ich halt, dass er mir aufzeigen will, was mich erwartet, wenn ich diesen Weg konsequent weiterbeschreite und nicht scheitere. Und ich scheine wirklich vom Glück begünstigt zu sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach, werden meine Frau und ich im Sommer an die US-Westküste ziehen können. Einer neuen Stelle entgegen. Die Nachricht habe ich kürzlich bekommen und bin sehr froh darüber, denn die Stelle war mein Traum – die Reise unser Traum. Aber das darf ich halt nicht irgendwie kaputt machen! Wir haben uns so sehr darauf gefreut, dass ich nicht unserem Glück Steine in den Weg legen will. Heißt also, eisern bleiben und nicht nachlassen.
Obwohl ich heute – nach 10 Tagen – spüre, dass es mich in den Fingern juckt. Aber die Kindersicherung ist an und so hätte ich eh kein Erfolg. Das Passwort ist auch außerhalb meiner Reichweite – ich habe es auf meiner Arbeitsstelle deponiert, wo ich nun nicht hinkomme – und somit suche ich mich nun was vernünftiges zu tun.
Einfach durchhalten. In 13 Tagen sind 2 lange Monate vorbei, in denen ich meine Frau nicht real gesehen habe, geschweige denn berühren konnte. Eine wirklich beschissene Zeit und es macht mir noch mehr klar: Wie beschissen wäre es erst, wenn sie abhauen würde, weil ich nicht von meiner OSS wegkommen würde? Dann wären 2 Monate noch gar nichts.
Aber erst einmal genug für heute.




15.02.2009 18:44:36  
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Hallo Nachtfalter,

ich dachte nur, man was hast Du für einen besch... Job. Ich möcht echt nicht mit Dir tauschen. Über Monate getrennt sein von der Familie, ich weiß nicht, aber ich könnte mir vorstellen, da würde ich untergehen.

Deshalb finde ich es echt super klasse, wenn Du hier so konsequent bist. Toll das Du mit Deinem Bruder so reden konntest. Wenn ich an meinen Bruder denke, das wäre völlig unmöglich.

Das alle Männer so sind wie wir, will ich nicht bestätigen, aber der größte Teil auf jedem Fall. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen, die ich kenne und denen ich das auch glaube.

Auch bei mir hat es ein Umdenken bewirkt als mir klar wurde, wenn ich so weiter mache, was das bedeutet. Nämlich das aus meiner Ehe. Weil ich das keinenfalls möchte, habe ich mich aufgemacht um nach Lösungen zu suchen. Da bin ich nun und gemeinsam mit anderen auf dem Weg zu gehen, das macht stark und bringt auch Veränderung.

Dir weiter viel Erfolg auf dem Weg.
Alle Gute
Littlegeorge

P.S.: Übrigens wollte ich Dir noch sagen wie total gut und aufrichtig ich Deinen Artikel finde. Ich kann das was Du geschrieben hast nur unterschreiben, jeden einzelnen Satz.


bearbeitet von littlegeorge am 16.02.2009 21:31:39
16.02.2009 21:28:14  
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16.02.2009
Es ist lustig, denn was LittleGeorge gesagt hat, ist heute bei meiner Videokonferenz mit meiner Frau auch Thema geworden. Seit 3 Jahren Fernbeziehung – das waren wir eingegangen, damit danach wieder zusammen leben können. 3 verdammt lange Jahre waren das. Aber auch 3 Jahre, wo wir viel neues an uns kennenlernen konnten. Und wir haben durchgehalten. (meistens) waren die Besuche beim Partner wie Urlaub. Wir haben uns aus der Umgebung herausgerissen, die für uns der Alltag war und konnten uns beim Partner in der Fremde wohlfühlen. Doch jetzt überspannt sich der Bogen langsam. 3 Monate hier am Mittelmeer. Meine Frau im kalten Deutschland. Ich am Arbeiten, sie am Fertigwerden mit ihrer Arbeit. Sie könnte meine Stütze, ein paar Massageeinheiten oder einfach Zuspruch gut gebrauchen. Wir streiten uns oft in der Videokonferenz – nicht doll, aber es sind einfach Missverständnisse, weil man eben nicht mit der Webcam das Körpergefühl des anderen bemerkt. Darum zählen wir die Tage – bis zum 28. Februar ist es nicht mehr lang. Danach wir uns unsere innerdeutsche Fernbeziehung wieder wie eine normale Beziehung vorkommen.

Doch gerade jetzt muss ich dann doch konsequent sein. Wann kann die Versuchung größer sein, als jetzt? Und irgendwie bin ich da auch stolz auf mich, endlich mal die Initiative ergriffen zu haben, um passiv gegen mein Problem vorzugehen. Die Versuchung wird nämlich auch in Zukunft nicht leichter. Wenn wir beide in die USA gehen, muss ich wieder vorgehen. Ihr bleibt nur, 2 Monate später nachzukommen. Eine lange Zeit und eine harte Probe für uns. Und während im Mittelmeer zur Not noch der Flieger gewesen wäre für ein Wochenende, scheidet diese Option einfach aus. Und dann noch die Zeitverschiebung. Es wird nochmal schwerer, aber ich bin mir sicher, es wird es wert sein. Bis ich wieder Koffer packen muss und Deutschland dann für lange Zeit den Rücken kehren werde, muss ich ihr unsere Zeit dort schmackhaft machen. Ich bin mir sicher, dass es eine tolle Zeit für uns beide wird. Das wir sie genießen, auch fernab von Freunden und Bekannten, denn wir werden neue kennenlernen und auch uns kennenlernen. Was meine Hausaufgabe bis dahin noch ist – ich muss fort von meiner Sucht. Nicht nur so zu 90 %, nein 100 % und nicht weniger nehme ich mir vor. (Schauen wir mal wie es wird)

In den letzten Tagen habe ich für mich endlich mal ein Resümee gezogen und es ist schlimm, dass ich erst jetzt richtig realisiert habe, wie wenig wir über meine Sucht gesprochen haben. Klar hat es geknallt und klar hat sie Konsequenzen aus der Sache gezogen und beobachtet mich (Gott sei dank) mit Argusaugen. Doch habe ich mich jemals richtig entschuldigt? Wenn man sich zofft, ist man zu aufgebraucht, wenn das Vertrauen zerstört ist, ist eine Entschuldigung unglaubwürdig. Aber ist nicht eine richtige Entschuldigung aus tiefstem Herzen wichtig? Ich werde das korrigieren, wenn ich zurück bin. Nach gut 2 Jahren müssen wir richtig darüber reden. Mir geht es weniger um Details (ihr wahrscheinlich auch nicht) mir geht es einfach darum, dass ich ihr klarmachen muss, wir sehr mich die Sache damals beschäftigt hat und dass ich an mir arbeite, um ihr nicht wieder wehzutun.

Ein Psychologie-Professor hat mal zu mir gesagt: „Wenn du die stärkste Motivation haben willst, um eine Sache anzugehen, musst du zu deinem größten Feind gehen und ihm deine Motive offenlegen. Dann wirst du dich anstrengen müssen, um ihn nicht zu enttäuschen, denn sonst wirst du von ihm verlacht.“

Ich versuche es nun anders herum: Was wäre, wenn ich dem größten Feind meiner Sucht (meine Frau) erzählen werde, dass ich sie nicht mehr verletzen werde? Ich werde so hart an mir kämpfen müssen, um das durchzuhalten. Aber ich darf nicht scheitern, es steht mir zu viel auf dem Spiel, denn unsere gemeinsame Zukunft ist mir zu wichtig.

Heute habe ich es geschafft, meinen Suchtdrang komplett wegzuknipsen. Gestern war es ja schon kritisch, aber heute fühle ich mich wieder gut. Auch dank des harten Sportprogramms. Aber ich habe nun noch Arbeit zu erledigen. Ein paar Karten aus dem „urlaubswarmen“ Süden müssen noch sein. Und eine gute Freundin hat mich gebeten, ihren Bericht zu lesen, bevor sie ihn abschickt. Viel Arbeit also, darum mache ich jetzt hier Schluss.

Nachtfalter


16.02.2009 22:04:54  
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17.02.2009
Liebes Tagebuch, von mir kommt heute nur ein kurzer Eintrag. Nachdem heute im Labor vermehrter Glasbruch durch meine Hände geschah, beschloss ich kurzerhand früher Feierabend zu machen. So hatte ich erstmals wieder Zeit bei Sonnenschein (und nicht erst nach deren Untergang) zu joggen. Es war schön, das nochmal zu genießen. Denn mittlerweile werden meine Tage hier weniger. Aber aller Winter in Deutschland kann mich nicht davon abhalten, mich zu freuen, endlich meine Frau und meine Familie und Freunde wieder zu sehen.

Der Abend war schön, da ich im Gespräch mit Einheimischen beim Abendessen noch meine Sprachkenntnisse auffrischen konnte. Es tut immer gut, solche Gespräche zu führen und obwohl ich ein offener Mensch bin, fällt es mir mitunter schwer, hier neue Leute kennen zu lernen. (Das will ich den Einheimischen aber nicht als Vorwurf gestalten). Man muss halt erst einmal mit der Kultur warm werden. Aber ich freue mich, dass dieses mitunter vorhandene Einsamkeitsgefühl nicht dazu führt, dass ich mich wieder an den Rechner setze und hemmungslos lossurfe.

Aber bei allem was ich arbeitsmäßig oder auch freizeittechnisch tue schwebt in meinem Kopf bereits die große Herausforderung im Hintergrund. Zusammen mit meiner Frau in die USA. Allein würde ich niemals gehen wollen. Das soll keine Fernbeziehung werden – denn bei solch einer Entfernung wäre sie wahrscheinlich tödlich für unsere Liebe. Doch ich muss dafür sorgen, dass sie sich auch wohlfühlen wird und wir beide unser Glück gemeinsam finden und nicht jeder für sich allein. Große Ereignisse werfen ihre Schatten also voraus. Aber vorher heißt es für mich, in DL jede Menge Aufgaben fertigzubringen.

Viel zu tun, am besten ich fange gleich damit an. Es ist noch früh genug um die kleinen Dinge in Angriff zu nehmen.

Viele Grüße aus dem sonnigen (wenn auch derzeit nicht soooo warmen) Süden,

Nachtfalter



17.02.2009 22:06:41  
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19.02.2009
Wieder sind zwei Tage ins Land gegangen und bisher schlage ich mich wacker. Es sind nun 2 Wochen seit meinem letzten bescheidenen Pornoklick vergangen und ich fühle mich gut. Aber ich weiß, dass ich mich nicht täuschen lassen darf. Ich war schonmal mehrere Monate clean und dann bin ich doch wieder zurückgefallen. Aber es wird – hoffe ich. Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Hier im sonnigen Süden gibt’s für mich langsam weniger zu tun. Das Projekt ist beinahe abgeschlossen und morgen steht ein Resümee an. Danach wird sich zeigen, worein ich die letzte Woche investieren werde. Ich hoffe, es kommt was Gutes noch bei rum, habe aber auch nichts dagegen ein bisschen zurückzuschalten, um einfach mal noch Land und Leute zu genießen. Ein bisschen Sonne werde ich mir ins Herz schließen und mit nach DL nehmen, dort ist es ja noch so kalt (brr...).

Eben war ich erstmal 2 Stunden joggen und habe schön den Sonnenuntergang genossen, dass war unheimlich entspannend und man lässt sich von den Gedanken von hier nach da treiben, ohne sich auf einen Punkt zu fixieren. Dennoch steht alles immer im Schatten des baldigen „drohenden“ USA Aufenthalts. Ich mache meiner Frau leider etwas mehr Druck als gut ist und wir giften uns manchmal an, aber glücklicherweise haben wir bisher immer auf einen guten Nenner zurückgefunden und dann verfliegt der Ärger auch schnell wieder. Das stimmt mich wirklich froh, dass wir es auch nach sieben Jahren schaffen, immer wieder auch Konflikte und nichtige Streitereien zu lösen und nicht offen im Raum stehen zu lassen.

Was wirklich faszinierend ist, wie stark die Bilder der Sucht im Kopf verankert sind. Es gibt sicherlich ein Dutzend Videos in meinem Kopf, die ich vor meinem geistigen Auge habe. Und beinahe nach mir rufen, damit ich wieder hier oder dort nachschaue, sie mir wieder ansehe oder schaue, was auf der Seite neues dazugekommen ist. Die Bilder in meinem Kopf sind immernoch da und es wird wohl sehr sehr sehr sehr lange dauern, bis sie endlich verschwunden sind. Zu groß ist auch noch das Gefühl „ich könnt ja mal schauen, was es so gibt“. Aber ich werde dem Gefühl nicht nachgeben. Und während ich darüber schreibe, merke ich, dass das Verlangen größer wird. Daher mach ich hier für heute Schluss und suche mir eine andere Beschäftigung.

Viele Grüße ans winterkalte Deutschland,
Nachtfalter



19.02.2009 20:52:22  
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20.09.2009
Meine letzte Woche im Süden bricht an. Von jetzt an werde ich jeden Wochentag nur noch einmal hier erleben. Endlich geht es bald wieder heim. Ich freue mich sehr darauf, auf alle Nähe und das Kribbeln im Bauch und in den Händen, wenn ich meine Frau wieder berühren kann. Ihr einen Kuss geben kann, einfach sie riechen zu können. Zwei Monate Abstinenz von aller Liebe (nicht nur Sex!) sind schlimm und ich habe sicherlich daraus auch einiges gelernt für die Zukunft. Wann immer ich in die USA gehe – Zwei Monate vor ihr werden wahrscheinlich die Schmerzgrenze für mich sein.

Gestern hatte ich ein lustiges Erlebnis – ich war für meine Frau shoppen. Im Womens Secret. Sie hatte sich von dort eine schöne Unterwäsche gewünscht und normalerweise sag ich zu keiner „mutigen“ Sache nein. Aber ein Laden, wo sonst nur Frauen unterwegs sind und wo es um das darunter geht, habe ich mich doch schon deplatziert gefühlt. Und dabei frag ich mich warum? Ist es etwas falsches, für seine Frau etwas schönes zu kaufen, was ihr auch gefällt? Zumal – ich habe doch früher ganz andere Dinge gesehen und nun schäme ich mich schon fast, wenn ich in einem Unterwäschegeschäft nach der Größe eines BHs schaue. War jedenfalls ulkig. Aber ich denke, gerade auch diese Verklemmung kann zu Pornografie führen. Was man sich im Bezug auf Sexualität nicht traut im realen Leben zu besprechen zu erfahren (und zwar selbst die banalsten Dinge) der landet vielleicht einfach bei Pornos, weil er dort sich ausleben kann. Ich war jedenfalls der einzige Mann im Laden und ich weiß nicht ob die Mädels hinter mir getuschelt haben, weil ich nen Unterwäscheset für meine Frau gekauft habe, oder weil ihr Freund vielleicht nicht losgehen würde in den Laden und ihnen etwas von dort schenken würde (wohl eher den Gutschein). Aber die Größen hatte ich ja, nun bleibt’s nur spannend – ob es ihr auch gefällt. Eine lustige und interessante Erfahrung war es aber.

Ein neues Hobby habe ich mir auch gesucht und eines, was schnell zu realisieren ist, genau richtig für die Suchtattacken, die heimtückig über einen hereinbrechen können. Ich habe mich bei Postcrossing (Achtung Schleichwerbung) angemeldet. Es ist Postkartenversand in alle Welt. Ich schreibe wildfremden Menschen Postkarten, die ich vorher aussuche und bekomme Postkarten von anderen wildfremden Menschen. Das Prinzip ist verblüffend einfach und toll. So lerne ich neue Leute in China, Japan und Brasilien kennen (die meisten nur durch eine Postkarte) und erfreue selbst andere. Es ist schön zu sehen, dass Web 2.0 mehr ist als youporn. Meine ersten fünf Postkarten habe ich heute in den Briefkasten geworfen. Nun warte ich auf meine ersten fünf fremden Postkarten.

Endlich ist auch wieder Wochenende und mein Suchtverlangen ist mysteriöser weise noch immer nicht existent. Aber vielleicht habe ich einfach angefangen, die Zeit besser zu nutzen. Gestern habe ich noch mit anderen Studenten meine Fremdsprachen aufpolieren können, heute Abend geht’s gleich weiter damit. Morgen ist dann Karneval und wieder die Möglichkeit „mit fremden Zungen“ zu sprechen. Meine Kamera wird mich immer begleiten. Ich werde jetzt noch ein bisschen Sport machen gehen und dann den Abend mit Freunden genießen. Es ist schön, wenn die Zeit nicht vom Ende des nächsten Downloads diktiert wird, wie es früher der Fall war.



20.02.2009 19:33:07  
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21.02.2009
Ich bin ein Fan vom Zählen – und wenn ich mich nicht verzähle sind es bei mir jetzt 16 Tage Abstinenz. Im Vergleich zu dem, was schon vorher möglich war, ist es noch nichts, aber ich bin auf einem guten Weg. Das ist schon einmal fein. Zählen hat auch noch einen anderen Vorteil: Es ist eine wichtige psychologische Motivationsfrage (eigentlich aus Arbeits- und Sportpsychologie) sein Weg und seinen Erfolg zum Ziel abgleichen zu können. Ich sehe den Weg als Ziel. Und 16 Tage noch als ausbaufähig – also wichtig, hier weiterzumachen und nicht nachzulassen.

Für mich brechen die letzten sechs warmen Tage an. In einer Woche muss ich mich im wahrsten Sinne der Worte wieder warm anziehen. Heute habe ich mir hingegen beim Joggen wohl den ersten leichten Sonnenbrand eingehandelt. Aber es hat mich gleich daran erinnert, wie ich mich mit meiner Frau letztes Jahr auf unserer Hochzeitsreise nach Malta Anfang März furchtbar sonnenverbrannt haben. Auch wenn der Sonnenbrand schmerzhaft war, ist die Erinnerung an die Reise schön. Denn sie bringt mich wieder an den Punkt zurück, warum ich mittlerweile wie automatisiert fast jeden Tag meine Joggingschuhe anziehe und Sport treibe: Um dem Suchtteufel abzuschütteln und einzig für unsere Ehe da zu sein.

Das dies gar nicht so einfach ist, hat mir das Karneval-Wochenende gezeigt. Ich bin eigentlich ein richtiger Karnevalmuffel (Verkleiden ist ja lustig, aber das ständige Hin- und Herschunkeln in Hallen und auf allen Fernsehkanälen geht mir gehörig auf die Nerven – Karnevalisten mögen mir das hier verzeihen). Aber es war erfrischend anders. Und auch vielleicht mehr anregend, als gut war. Wenn wie in Brasilien die Tanzgruppen leicht bekleidet durch die Straßen ziehen, kann man Gefahr laufen, wieder zurückzufallen. Glücklicherweise ist mir das gestern nicht passiert. Samba-Rhythmen haben ja auch etwas motivierendes und so habe ich einfach mit meinen Freunden vor Ort eine tolle Feier miterlebt und wir waren bis in die Nacht hinein unterwegs. (Sowohl Freitag als auch Samstag).

Da habe ich heute den Sonntag ruhiger angehen lassen. Lange schlafen ist bei mir immer nicht, weil mein Körper sich an das frühe Aufstehen gewöhnt hat. Stattdessen habe ich eine Weile damit zugebracht, die Fotoaufnahmen vom letzten und diesen Wochenende aufzuarbeiten und für meinen Bruder und meine Freunde hochzuladen. Da danach die Sonne schön und einladend am Himmel stand habe ich meinen letzten Sonntag mit einem Buch unter dem Arm sehr genossen. Es ist schön, wenn man ganz von der Uhr unabhängig sein kann und nicht weiß, wohin ein die Füße als nächstes in der Stadt tragen.

Das schöne Wetter hier werde ich wohl echt vermissen und hoffe auf den baldigen dt. Frühling – auch wenn es im Moment ja eher nicht danach aussieht. So muss ich noch die letzte Woche hier genießen und mir warme Gedanken für Deutschland zurechtlegen. Trotz aller Wiedersehensfreude, die ich habe, wird mir der Abschied hier nicht leichtfallen. Wahrscheinlich werde ich ein Großteil der Leute hier nie wieder sehen. Gut dass es dafür auch das Web 2.0 gibt ;)

Viele Grüße und einen guten Wochenstart,
Nachtfalter



22.02.2009 19:06:02  
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25.02.2009
Na so ein Dreck – mehr kann ich dazu nicht sagen. Vorletzter Tag hier im Süden, früher Feierabend um nochmal die Mittelmeersonne zu nutzen und fix nach Hause gegangen. Dann zuhause nur kurz den Rechner angemacht, um zu gucken, ob eine meiner Postcrossing Karten angekommen ist. Und siehe da, eine ist angekommen. Und dann, dann plötzlich macht es Klick in meinem Kopf.
Mal hier gucken, mal da gucken. Verdammt, wollte ich nicht noch raus? Sonne genießen? Die Livekanäle werden von der KiSi nicht überwacht – das ist meine Achillesferse, da kann ich sehen, wie stark ich wirklich bin. Und wieder ist er da, der Gedanke „Einmal ist keinmal“ und schon läuft Pornografie auf meinem Rechner…

Doch die Verbindung ist langsam, das Bild stockt, mein Verstand auch: Läuft hier nicht etwas gerade ganz falsch? Frage ich mich selbst und breche ab. Nur um nach 5 Sekunden wieder den Kanal zu starten. Dann wieder der Abbruch. Glück für mich, die Verbindung ist langsam und jeder Neustart stockt und ich frage mich immer wieder, was der Scheiß soll? Ich weiß alle klugen Regeln und Aktionen, die man machen soll, aber im Augenblick wo ich angefangen habe, fühle ich mich träge und höre nicht auf.
Nach 3 Minuten ist der Spuk vorbei, ich reiße mich los, anstatt mich hinzureißen. Ich flüchte mich in meine eigene Fantasie, jenseits vom Rechner. Ich denke an meine Frau, denke an Sex und befriedige mich selbst. Versuche in dem Augenblick die Bilder vom Computer weit wegzuschieben. Danach geht es mir besser – keine allzu große Scham und Schuld ist in mir aufgestaut. Habe ich jetzt versagt? Stelle ich den Timer wieder auf Null zurück? Ich beschließe es nicht zu tun, denn in den Augenblicken am Rechner habe ich mich nicht fallen lassen. In mir kämpfte ich. Ich kämpfte aber weniger gegen das Anschauen, mehr gegen die Lethargie die mich befallen hatte, etwas anderes zu tun. Es war der Gedanken „Du könntest du auch das und das und das tun und du wolltest in die Sonne“ gegen den Gedanken „Später – fühle mich gerade so fertig!“

Fertig wovon? Meine Arbeit hier ist fertig. Bin ich mal wieder kaputt vom Nichtstun? Wahrscheinlich ist es so. Und wahrscheinlich ist das ein fruchtbarer Boden für meine Sucht. Ich fühle mich nicht ausgelastet. Nach 2 Monaten kompletter Trennung von meiner Frau fühle ich mich entwurzelt und wenn dann die Arbeit keine Genugtuung, keinen Kraftverbrauch gibt, bin ich fertig vom Nichtstun. Mittlerweile war ich in der Stadt und habe meine letzten Erledigungen gemacht. Auf dem Heimweg habe ich mir einen Plan gemacht, was ich heute noch alles tun muss und tun will. Ich werde nicht alles schaffen, aber eine kurze Struktur gibt mir das Gefühl, meine Zeit mehr investiert zu haben.

Zumindest den Abend werde ich nicht am Rechner verbringen – sobald es dunkel ist, will ich nochmal losziehen. Ein letzter Spaziergang mit der Kamera durch die Stadt, bevor es wieder zurückgeht. Morgen das Treffen am Abend mit Kollegen – ich bin gut aufgehoben. Dass ich heute ganze 5-6 Minuten gebraucht habe, um mich von dem Rechner in der gefährlichen Situation loszureißen, stört mich dennoch. Aber die Gewissheit tröstet mich, dass ich in den nächsten zwei Wochen nicht viel Zeit allein und unbeaufsichtigt vor der Kiste verbringen werde. Zeit den Timer weiter hochzutreiben…

Viele Grüße,
Nachtfalter



26.02.2009 18:42:52  
gabriele_farkefehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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Danke, Nachtfalter, dass Du uns hier an Deinem Kampf teilhaben lässt! Komm hierher, wenn es schlimm werden sollte, und dann lies Dich fest.

Du warst inmitten eines fights, und Du hast ihn GEWONNEN! Sei also auch mal stolz auf Dich, das gehört auch dazu!

Freu Dich auf Deine Frau, und Du weißt, wofür sich dieser elende Kampf lohnt!

Halte durch!!!!

LG, G.


Gabriele Farke (HSO e.V.)

++++ Individuelle Onlinesexsucht-Beratung:
http://www.onlinesucht.de/Kosten HSO-2014-OK.pdf

++++ Das Buch "Gefangen im Netz?" ist auch als eBook erhältlich unter
http://www.ciando.com/ebook/bid-240826-gefangen-im-netz-onlinesucht-chats-onlinespiele-cybersex/



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26.02.2009 21:33:18    
littlegeorgefehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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Hallo Nachfalter,

wie sich die Geschichten doch ähneln... Heute erging es mir fast so wie Dir. Kannst Du nachlesen in meinem Tagebuch.

Wir geben nicht auf! Der Kampf lohnt!

Lieben Gruß
Jörg



02.03.2009 20:28:25  
Nachtfalterfehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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9. März 2009
Nun also schon ein Monat. Irgendwie bin ich stolz auf mich aber tata: schon ist es wieder da das Gefühl. "Ich könnte doch mal". Aber ich hatte eine bessere Idee: Das Forum hier lesen. Vielleicht habe ich ja der einen oder anderen Person hier geholfen - auf jeden Fall habe ich mir geholfen.

Alle die bei mir lesen, es tut mir leid, wenn ich noch nicht bei euch reingeschaut habe. Das gibt mir normalerweise viel Kraft, aber im Augenblick ist es einfach zu viel. Über eine Woche Texte müssen von mir hier gelesen werden. Dafür reicht meine Zeit nicht. Aber ich versuche es nachzuholen. Versprochen.

Die letzten Tage mit meiner Frau waren sehr schön. Nach meiner Rückkehr aus dem Süden haben wir viel Zeit miteinander verbracht und es war einfach nur schön. Tagsüber mussten wir beide arbeiten und Abends hatten wir uns. Wir haben sogar viel gemacht. Ich glaube, es ist schon sehr lange her, dass wir einfach mal so zu zweit auf eine kleine Kneipentour gegangen sind. Man trinkt Cocktails und redet. Ich weiß nicht mehr worüber, aber wir haben viel getrunken und viel geredetLächelnEs war nur schön. Und gemacht haben wir auch viel. Endlich konnten wir gemeinsam mal wieder einen Ausritt machen und das Wetter war sogar nett zu uns. Das war schön, denn es hat uns beiden Spaß gemacht.

Ich habe das Thema nicht angesprochen. Eigentlich hatte ich vor, mit ihr nochmal darüber zu reden. Aber das hätte irgendetwas hinterlassen und das wollte ich nicht. Sie war wirklich glücklich und ich fühlte mich genauso, warum das kaputt machen?

Und nun haben wir wieder "Standard-Fernbeziehung" aber wenigstens nur in Deutschland. Telefonieren ist gratis und der andere "gefühlt" nicht so weit weg. Das ist beruhigend und wir hoffen, dass die zwei Wochen bis zum Wiedersehen schnell rum sind.

Es ist aber komisch: Warum ist immer unmittelbar nach Abreise meiner Frau das Verlangen nach Pornos besonders stark? Die ersten zwei Tage nach solchen Wochenenden war ich immer besonders schwer und diesmal ist es nicht anders. Komisch aber warum ist es so? Vielleicht kommt es auch nur aus Gewohnheit heraus, denn die Abreise bedeutete auch immer für mich, dass ich nicht mehr beobachtet wurde.

Das Verlangen rumort noch in meinem Bauch. Vor allem, weil das KiSi Passwort auf meinem Schreibtisch noch liegt. Ich konnte es nicht woanders deponieren. Aber ich werde stark bleiben heute - das schwöre ich mir und morgen werde ich das Passwort außer meiner Reichweite ablegen. Dann ist erstmal wieder Ruhe.

Ich mach schluss, gern würde ich noch Joggen gehen heute, aber ich habe noch zu viel zu tun, es bleibt daher keine Zeit für Sport. Ab Mittwoch bin ich wieder auf Reisen und habe das Gefühl, es nimmt derzeit kein Ende. Ich freue mich über meine Arbeit, sie erfüllt mich und das Erreichte macht mich sehr stolz, aber sie nimmt mich auch in Anspruch. Es darf halt nicht überhand nehmen...

Viele Grüße und Gute Nacht,
Nachtfalter


09.03.2009 20:50:31  
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