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Beiträge: 13 Mitglied seit: 15.03.2008 IP-Adresse: gespeichert
| Ich spiele seit etwa drei Jahren World of Warcraft (WoW). In der Zeit habe ich zweimal eine Partnerschaft durch meine Spielsucht zerstört, viele Freunde verloren und einige wenige Freundschaften einer harten Probe ausgesetzt. Ich bin jetzt zum dritten Mal ernsthaft dabei, einen Entzug zu versuchen. Schon vor dem Spiel litt ich unter Depressionen und einer Art von Minderwertigkeitsgefühl. Soviel zur Ausgangslage.
Dieser Thread hier ist ein Schritt unter vielen, mir Hilfe zu suchen. Ich kann im Moment nicht anders, jetzt, da der Mensch den ich so sehr liebe, die für sich notwendige Bremse gezogen und sich von mir getrennt hat. Getrennt, nachdem ich wieder angefangen habe zu spielen, und sie immer und immer wieder weggestoßen habe. Anfangs unter Lügen und vorgeschobenen Argumenten, gegen Ende mit dem bloßen Eingeständnis, das ich wieder in die Scheinwelt entgleite. Jetzt ist sie weg – und ich versuche zeitgleich mit WoW aufzuhören. Ohne einen guten Freund wäre ich jetzt vollkommen allein. Aber ihm kann ich ja auch nicht immerzu nur mein Leid klagen – und er ist auch nicht 24 Stunden in meiner Nähe. Kurzum: Was mich gerade zerfrisst ist diese Einsamkeit.
Strukturlosigkeit Mein Studium hängt am seidenen Faden. Aber auch wenn ich fleißiger wäre, würde es mir keinen Alltag geben. Semesterferien, selbstbestimmte Arbeit und all das sabotiert jeden Versuch, meinem Leben eine Struktur zu geben. Und selbst das wenige Geld das ich verdiene, bekomme ich hauptsächlich aus einer kleinen, freiberuflichen Tätigkeit, die mir keine Struktur gibt. Aber ich glaube, diese Struktur bräuchte ich gerade, um nicht völlig zu versumpfen.
Bindungsunfähig? Ich war fast ein halbes Jahr lang „clean“. Da habe ich mich in Sie verliebt. Aber schon von ganz früher her habe ich fast ein gespaltenes Verhältnis zu Menschen, die mir zu Nahe kommen. Ich renn weg, bin unfähig, zu viel Intimität, Nähe und Gespräch zu ertragen. Ein typischer Fall von Einzelgänger. Jene Knaben, die auf dem Schulhof gehänselt wurden. Ich will das nicht als Entschuldigung vorschicken, aber ich habe bis heute nicht wirklich gelernt, als „soziales Wesen“ zu funktionieren. Und das wird nicht einfacher, je älter man wird.
Flucht World of Warcraft war der Fluchtpunkt. Hier konnte ich meine Kommunikation auf das Chatten reduzieren. Und hier war ich wer. Sowohl was den puren Spielerfolg betrifft, als vor allem auch was das „Erleben“ und „Teil sein“ von durchaus komplexen, sozialen Gefügen war. Und ich habe so viele Menschen kennen gelernt, die ähnlich wie ich entglitten sind. Gefangen in einer dreidimensionalen Fiktion in 2D.
Therapie Ich bin seit einem halben Jahr in einer Kurzzeittherapie in Behandlung. Diese ist vor ein paar Wochen ausgelaufen. Zusammen mit dem mir verbliebenen Freund bereite ich gerade eine zweimonatige, stationäre Therapie vor – um Abstand zu gewinnen, um loslassen zu können, um aber auch wieder zu mir selber zu finden. Nur, wer soll das bezahlen? Ich bin ja jetzt schon in den miesen bei meiner Krankenkasse.
Angst Jetzt aber hänge ich im Loch. Schlucke Antidepressiva. Und ich habe Angst vor dem, was kommt. Himmel auch, wenn ich diesen Thread vor einigen Jahren gelesen hätte, ich hätte nie geglaubt, das ich jemals der Autor sein könnte. WoW ist nicht die Ursache, aber der Katalysator, die Droge, das Betäubungsmittel.
Hoffnung Ich schreibe all dies in der Hoffnung, irgendwie Mut zu bekommen. Und Gleichgesinnte vielleicht zu treffen. Wie soll ein Mensch alleine nur aus diesem Sumpf herauskommen? Wie können meine Schultern all die Verantwortung zugleich tragen: Über mich, mein Leben, meinen Entzug, meinen Freundschaften – ich schaffe das alles nicht.
Manchmal möchte ich einfach nicht mehr sein. Dann aber spüre ich, das so viel Leben in mir schlummert. So tief verborgen. Und ich habe doch nur dieses eine Leben.
Ich kann all das leider nicht anders formulieren, als in diesen fragmentarischen Absätzen. Pardon.
bearbeitet von Poc am 16.03.2008 03:52:13 .oO ("einfach zu schwach zum Glücklichsein") |
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16.03.2008 03:49:24 | |
gabriele_farke |
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Gruppe: Administrator Rang:
Beiträge: 3415 Mitglied seit: 26.03.2006 IP-Adresse: gespeichert
| Hallo Poc,
ich habe Dir soeben eine Mail geschrieben. Nur so viel hier auch für die anderen:
Das Fachkrankenhaus Nordfriesland (heute, am Sonntag, um 16.30 Uhr in der Sendung "Neues" in 3.Sat) hilft bei der Beantragung der Kostenübernahme bei Krankenkassen und Rentenversicherungsträger. Die übernehmen i.d.R. zu 100 % (Einhundert!!) die Kosten für eine stationäre Therapie. Diagnose: Onlinesucht. Erfahrungsgemäß erfolgen die Bewilligungen kurzfristig (6- max. 8 Wochen).
Poc, Du hast damit eine echte Chance! Nutze sie, ich kann es Dir nur empfehlen!
Alles Gute, G.
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16.03.2008 08:02:18 | |
Annalie |
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Gruppe: Benutzer Rang:
Beiträge: 89 Mitglied seit: 25.02.2008 IP-Adresse: gespeichert
| guten morgen lieber poc, ich lese mich gerade auf dieser seite ein wenig ein und bin bei dir "hängen" geblieben.
deine worte haben mich sehr angesprochen. ich bin die (noch-) frau eines onlinesexsüchtigen. im angehörigenbereich schreibe ich gerade über meine not, mein ganzes leben fällt gerade in trümmer.
alles, was du schreibst, kann ich nachempfinden. ich spüre förmlich deine verzweiflung.
aber du schreibst auch sehr deutlich von dem kleinen poc in dir, der weiß, dass es da draussen noch ein anderes leben für ihn gibt.
ein entspanntes, fröhliches leben im kreis von realen menschen. dinge, die du tatsächlich tun kannst und reale ziele, die du erreichen kannst.
der kleine einsame poc liegt mit dieser einschätzung richtig und ist bereits gut unterwegs. woran ich das festgemacht habe? nun, bei der reihenfolge deiner überschriften ist mir etwas aufgefallen. dieses wird wohl kaum zufall gewesen sein:
strukturlosigkeit bindungsunfähigkeit flucht therapie angst hoffnung
durch die sucht verliert dein leben immer mehr struktur, sie macht dich bindungsunfähig, denn sie ist auch eine flucht - vor was oder wem auch immer.
in der therapie wirst du es herausfinden können, es ist schon nachzuvollziehen, dass dir dieses ein wenig angst macht.
aber an dieser stelle kommt die hoffnungins spiel.
durch deine hoffnung auf ein anderes leben kommt tatsächlich (rückwärts) dein weg raus:
indem du deine angst zulässt, die therapie machst, flüchtest du nicht mehr, wirst vermutlich bindungen nicht nur eingehen, sondern auch halten können und deinem leben insgesamt sichere strukturen geben.
mich hat das irgendwie verblüfft. denkst du ich spinne mir da was zusammen? schreib mir gerne, wenn du magst.
ich habe leider nicht keinen realen menschen, mit dem ich mich über mein aktuelles desaster austauschen kann. aber ich weiß, wie das leben sein kann. mit allen sinnen. ich denke, du ahnst, was alles auf dich wartet....
ich liebe z.b. den Süden, abends, wenn die sonne alles in so ein sanftes licht taucht, farben und formen so weich werden. man die wärme des tages und den zärtlichen wind auf der haut spürt.
--- und dann ganz laut die mucke, metallica oder die red hot chillis und mit einem cabrio durch die gegend jagen! herrlich!!!!
was machst du gerne? Annalie
ach so, hier einen link zu einem meiner absoluten lieblingslieder. die jungs der band waren auch so böse süchtig. heute sind sie clean, familienväter und gute freunde. also, du kannst es auch schaffen.
stille typern sind bei mädels doch eigentlich immer heiß begehrt... also hau rein
http://www.youtube.com/watch?v=itinQJK2aJg&feature=related
bearbeitet von Annalie am 16.03.2008 19:37:33
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16.03.2008 09:25:14 | |
baer40 |
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Beiträge: 543 Mitglied seit: 10.01.2007 IP-Adresse: gespeichert
| Hallo Poc,
ich kann Dir nur empfehlen, auf das was Gabriele Farke schreibt zu hören.
Außerdem: Du bist hier willkommen und Du bist nicht allein mit Deinem Problem!
Viel Glück bei Deinem Ausstieg aus der Cyberwelt und bei Deinem Einstieg in die reale Welt!
Gruß baer40
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17.03.2008 07:31:13 | |
Poc |
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Beiträge: 13 Mitglied seit: 15.03.2008 IP-Adresse: gespeichert
| Vielen Dank für die Antworten. Es tut in der Tat gut zu wissen, nicht alleine mit einem Problem dazustehen.
Das Forum und die Seite ist eine gute Hilfe.
Nur den HSO-Song find ich mal so richtig schlecht.
bearbeitet von Poc am 18.03.2008 04:32:50 .oO ("einfach zu schwach zum Glücklichsein") |
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18.03.2008 04:32:32 | |
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