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Das zweite Gesicht
fleuriefehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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Ich bin froh, deinen Beitrag zu lesen.
Ich denke indes, Defender hat total Recht. Nur das umzusetzen, fällt mir nicht leicht, da ich einfach ein ganz anderer Mensch bin. Ich kann einfach nicht hart sein. Zu den Kindern komischerweise ja. Weil da Grenzen und eine gewisse Strenge manchmal lebensnotwenig sind - vor allem in der heutigen Zeit. Wenn du bei Kindern eine zeitlang etwas schleifen lässt, ist das oft nicht mehr wiedergutzumachen. Und wenn dann noch die Pubertät kommt, hast du verloren, wenn du vorher Erziehungsfehler gemacht hast.

Ich bin mit vielen Verboten aufgewachsen. Wir haben sehr einsam gelebt und hatten in den ersten Jahren nicht mal Strom und fließendes Wasser. Mir als Kind hat das nichts ausgemacht, ich war fast nur draußen. Hatte eine Puppe, ein Buch und ein Spiel. An Gemütlichkeit und Kuscheln kann ich mich nicht erinnern. Ich kann mich aber noch erinnern, dass ich nie einschlafen konnte. Heute weiß ich, dass es daran lag, dass ich immer dann, wenn es dunkel wurde im Winter, schlafen gehen musste. Man kann sich vorstellen, welche Unzeiten das vielleicht mal waren. An eine Uhr, die irgendwo hing, kann ich mich auch nicht erinnern. Aber ich nehme es meiner Mutter nicht übel, die die Wäsche von 5 Personen noch auf dem Herd kochen musste und abends wurde sie dann zum Trocknen übers Sofa gehängt. Dann konnte da eben niemand mehr sitzen. Viel gesprochen wurde auch nicht. Wir Kinder durften vielleicht danebensitzen, aber Kommentare waren nicht erwünscht.

Und nun ist es die Gemütlichkeit, das Kuscheln, das Arm-in-Arm-Einschlafen, das ich so sehr vermisse. Auch, dass es jemanden gibt, der immer für mich da ist. Denn so war es in meiner Beziehung zu Stephan. Er hat mir immer wieder gesagt, wie froh er ist, mich zu haben. Ich war es umgekehrt auch. Er unterstützte mich und ich bemutterte ihn. Etwas, das er in seiner Kindheit nicht hatte. Und dazu kam noch unser wirklich schönes Liebesleben, so dass man meinte, es fehlt an nichts.

Ich selbst war ein sehr verschüchtertes Kind, das aber tief im Innern viele böse Gedanken hatte. Die meisten Erwachsenen konnte ich nicht ausstehen und ich überlegte mir, was ich denen alles antun würde, wenn ich es nur könnte. Daher vielleicht auch das Zerschneiden der Hose - was übrigens nur wie ein Riss wirkt, also nicht mehr. Macht kaputt, was euch kaputt macht... Stephan hat das mehr oder minder gar nicht bemerkt, er denkt, es sei beim Handwerkern passiert. Wir haben nämlich am Wochenende eine gemeinsame Unternehmung gemacht. Ich hätte sonst nicht gewusst, wie ich dahinkomme und auf meine Frage hin kam er mit.

Obwohl es so besonders schönes Fest war, konnte ich es überhaupt nicht genießen. Er vermied meinen Augenkontakt ständig. Und ich vermisste es, wie früher berührt, in den Arm genommen und geküsst zu werden. Wir haben uns auch unterhalten, doch von meiner Seite aus war es eher freudlos. Ich hatte auch von meinen Beruhigungspillen genommen, ich glaube es sind Psychopharmaka. Wenn ich die nehme, geht es mir gut. Ich erledige dann emotionslos Hausarbeiten, kann nett zu den Kindern sein.. Aber ich habe festgestellt, dass mir sofort die Tränen kommen, wenn ich sie mal einen Tag nicht genommen habe. Denn ich will auf keinen Fall in irgendeine Medikamentenschiene hineingeraten.

Ich weiß echt noch nicht, ob ich eine Therapie mache. Ich bin doch nicht dumm! Wie stehe ich da, wenn ich erzähle, dass mein Leben kaputt ist, denn mein Freund sitzt nackt von einer Webcam und onaniert vor fremden Frauen! Er hat sich sogar sehr erniedrigt, indem er nur glaubte, dass es Frauen sind. Hinterher stellte sich heraus, dass er von irgendwelchen Jungs völlig vera... wurde. Aber das hält ihn nicht davon ab, weiterzumachen.

Ich frage mich, warum ich ihm noch hinterhertrauere. Es gibt doch wirklich keinen Grund mehr. Wer sagt, ich liebe dich mein Engel, ohne dich kann ich nicht leben und fährt eine Minute später auf Nimmerwiedersehen zu seinem PC-Leben... was soll ich mit so einem? Der keinen Cent übrig in der Tasche hat außer für Handy-Sex? Wie ihr seht, ist mein Hirn noch völlig funktionsfähig.




Tiefe Brunnen muß man graben, wenn man klares Wasser will.
20.10.2008 08:38:07  
fleuriefehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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Bis vor kurzem habe ich immer gesagt, wenn ich mir selbst nicht helfen kann, kann mir niemand helfen. Ich wollte immer stark sein. Jetzt bin ich wohl an meine Grenzen gestoßen. Und ich bin froh, es gerade noch erkannt zu haben. Wenn ich diese Psychopillen nicht nehme, steigen sofort die Tränen in mir hoch. Mit ihnen geht es mir relativ gut; ich kann sogar Wut gegen Stephan entwickeln.

Gestern haben wir uns nochmal getroffen und ich habe ihm den Tag, als er fuhr, aus meiner Sicht geschildert. Viel hatte er nicht dazu zu sagen. Ja, er würde denken, er sein noch süchtig. In zwei Wochen wollen wir uns noch einmal wiedersehen, um zu reden. Hätte mich gestern jemand gefragt, was ich denn noch reden will, ich hätte es nicht gewusst. Ich hätte ihn nicht mal berühren können. Heute hingegen sieht es schon wieder anders aus.


Ich habe nicht vor, mein Leben unter Medikamenteneinfluss zu verbringen. Am 23.10. habe ich selbst ein Therapiegespräch. Was um Himmels Willen soll ich da erzählen? Ich schäme mich dafür, alles so lange mitgemacht zu haben.



Tiefe Brunnen muß man graben, wenn man klares Wasser will.
21.10.2008 11:26:29  
gabriele_farkefehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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fleurie, hör auf, Dich zu schämen, denn dafür besteht nicht der geringste Grund!

Mein Tipp: Mach Dir einen Spickzettel! Notiere Dir in Stichworten, was Du der Therapeutin sagen möchtest. Und den hole auch ruhig raus, das erleichtert Euch BEIDEN den Einstieg!

Es ist gut und wichtig, dass Du diesen Termin gemacht hast. Das wird Dir helfen, alles wieder ein bisschen klarer und ruhiger zu sehen!

Alles Liebe!!!
G.


Gabriele Farke (HSO e.V.)

++++ Individuelle Onlinesexsucht-Beratung:
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21.10.2008 11:37:50    
release1fehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
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Hallo Fleurie.

Du bist da wo ich auch schon war.
In einem qualvollen Durcheinander der Gefühle, die sich teilweise schon selbst bekämpfen.
Denk das hat bei mir dann auch die Depressionen ausgelöst, eine Art Kurzschluss.
Die Therapie ist wichtig, war sie bei mir auch, da du dich da selbst rausziehen wirst, indem du deine Gefühle ordnen, ihnen ihren Wert zurückgeben und sie aussprechen wirst.
Im Moment ist alles wertlos geworden, du spürst alles mögliche in dir und läßt es werken, weil du nicht weißt, was du dagegen tun sollst, du wirst dich wieder unter Kontrolle bringen, deiner Wut, Trauer, Enttäuschung, Scham, Liebe, Stärke und Schwäche wieder ihren Platz geben. Es dauert, es gibt Rückfälle, aber schau nach vorne und geh Schritt für Schritt.

Ich war damals wegen Burn Out länger im Krankenstand, dacht auch, ich packs nicht, und seitdem auch ein paar mal einige Tage weil ich eben nicht mehr so abgehärtet bin wie früher und bin gestern (deshalb anscheinend) entlassen worden.
Dabei gings so schön aufwärts. Ich lass mich aber nicht wieder in die Depression fallen deswegen.
Ich kann meine Trauer spüren, die Enttäuschung orten, und zugleich auch die kommende Herausforderung. Will Angst und Zweifel nicht viel Raum geben. Werde sehr drauf achten, was MIR gut tut und den Kindern.
Und das wirst du auch schaffen.
Hör auf, von IHM Verständnis zu erhoffen, er muß erst seine Sucht bekämpfen, dann sieht er erst was sie gemacht hat.
Jetzt kämpf du mal um DICH!
Ich drück dir die Daumen!

Ganz lieben Gruß, R.



21.10.2008 15:19:07  
baer40fehlende Rechte fehlende Rechte fehlende Rechte 
Gruppe: Administrator
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Hallo fleurie,

Du hast den schmerzlichen Anfang gemacht und Du hast ihn sehr gut gemacht. Du hast erkannt das es so nicht weitergehen kann und Du hast für Dich selbst bei einem Therapeuten angerufen. Das ist der richtige Weg zur Unabhängigkeit! Dieser Weg wird noch etwas lange dauern und er wird manchmal schmerzhaft sein. Aber denke daran, am Ende wirst Du gestärkt da stehen.Wenn es Dir schlecht geht, dann hast Du dieses Forum und wie Du selbst geschrieben hast, ein paar Menschen die für Dich da sein werden!

"A..." hat Recht wenn sie schreibt, Du sollst an Deine Kinder denken. Die brauchen all Deine Liebe, Deine Fürsorge usw. Und was ganz wichtig ist: Sie werden es Dir danken.

Ich drücke Dir ganz fest die Daumen, dass Du diesen jetzt eingeschlagen Weg erfolgreich durchstehen wirst.

baer40


22.10.2008 10:27:10  
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