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Beiträge: 19 Mitglied seit: 14.09.2007 IP-Adresse: gespeichert
| Liebe Forumsmitglieder, heute möchte ich wieder ein bisschen berichten. Also mein Mann war am Freitag zur Beratung im "Cafe Beispiellos". Vielleicht berichtet er euch ja selbst auch hier im Forum über seinen Besuch dort. Jedenfalls war er dort. Es hat ihn sicherlich viel Überwindung gekostet. Er kann dort jetzt immer Mittwochs zur Gruppentherapie gehen. Es scheint für ihn okay zu sein. Also man muss ja auch immer sehen, ob die Chemie mit dem Therapeuten und den anderen Gruppenmitgliedern stimmt. Ich wünsche ihm ganz doll, dass es ihm eine Hilfe ist. Ansonsten scheint sich unsere Verkrampfung im Umgang miteinander etwas gelegt zu haben. Aber es sind natürlich viele Fragen offen. Wir beide haben sicher auch unsere Zweifel, ob alles wieder gut wird. Aber Zweifel sind doch auch normal, oder?????????????? Übrigens ich habe den Beitrag von Ai-Kisugi gelesen und auch was geschrieben. Dort geht es ja viel um Mißtrauen und wie man mit dem Kontrollzwang umgehen sollte. Aber ich muss sagen, ab und zu überkommt mich Mißtrauen. Ich fühle mich dann, als würde ich aus zwei Personen bestehen. Die eine Person sagt: "das ist nicht gut mißtrauisch zu sein. Damit schadest du dir, und deinem Partner ist das auch keine Hilfe". Die andere Seite (wie ein kleines Teufelchen) sagt: "das ist jetzt aber komisch, dass er dort hin geht, oder dieses tut. Überprüfe das mal." Dabei fühle ich mich schrecklich und die beiden Seiten in mir streiten. Die Kopfseite weis sehr genau, dass mein Mann Freiheiten braucht. Er hat sich ja viele Freiheiten selbst in den letzten Jahren beschnitten, was vielleicht einer der Gründe für seine Unzufriedenheit und damit seiner OSS ist. Auch weis ich, dass er mich und mein Vertrauen braucht. Das durch Mißtrauen wieder neue Konflikte entstehen. Ich würde gerne das Teufelchen in mir, welches das Mißtrauen in mir sät, bezwingen. Was meint ihr dazu???????????? Habt ihr praktische Vorschläge??? Ich glaube auch, wie ich es in dem Beitrag von Ai-Kisugi geschrieben habe, dass es eine Zeit- bzw. Geduldfrage ist. Ich meine er steht ja noch am Anfang seines Kampfes gegen die Sucht. Wenn er einen positiven Weg geht, wird wohl auch das Teufelchen Mißtrauen ganz verschwinden!?!? Was meint ihr dazu???? Liebe Grüße Daniela
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Beiträge: 77 Mitglied seit: 24.07.2007 IP-Adresse: gespeichert
| Hallo Daniela,
Aber Zweifel sind doch auch normal, oder??????????????
Gewiss, diese Zweifel sind verständlich. Wenn Dich einer im "normalen" Leben übers Ohr haut und Dir das Wechselgeld falsch rausgibt, dann wirst Du ihm künftig eben vorsichtig begegnen oder gar den Kontakt mit ihm meiden. So ist das auch mit Deinem Teufelchen - eine verständliche Reaktion auf verletztes Vertrauen. Aber, so wie ich meine Sucht erfahren habe und auch hier immer wieder zwischen den Zeilen lese, gibt es einen wesentlichen Unterschied: Der Dich übers Ohr haut, tut es - mal abgesehen von einem Versehen - bewusst. In den allermeisten Fällen wollen wir Süchtigen unsere Partner aber nicht bewusst übers Ohr hauen, nicht bewusst verletzen, nicht bewusst Vertrauen zerstören. In den teuflischen Minuten, in denen die Sucht uns im Griff hat, ist unsere reale Beziehung ausgeblendet - ich weiß auch noch nicht, wie das funktioniert in unserem Kopf und in unserer Seele, aber es scheint mir ein typisches Suchtmuster. Deshalb - so erging es mir jedenfalls - kann der Süchtige die Sucht auch erst nicht wahrhaben, wenn er damit konfrontiert wird. Und er kann auch nicht auf Anhieb verstehen, wenn sich der Partner abwendet. Die Sucht spielt wie in einem anderen Leben. Ich nenne das Persönlichkeitsspaltung und bin gottfroh wieder in mein einziges reales Leben zurückgefunden zu haben, auch wenn es im Moment sich sehr traurig darstellt.
Es wird seine Zeit brauchen, bis Dein Mann ganz zurück im realen Leben ist. Vielleicht solltet Ihr in diesem Leben auch gemeinsam etwas verändern. Du schreibst von seinen Freiheiten, die er braucht und sich selbst aber beschnitten hat. Daran, könnt Ihr gemeinsam etwas ändern. Vielleicht kann Dein Mann aufatmen, wenn er mal nicht "immer funktionieren" muss, wenn er sich einfach schwach zeigen darf (was er sich selbst auch zugestehen können muss). Es ist - neben der Sucht - vielleicht auch Ausdruck seiner ungesunden Scham, dass er sich so verhält. Diese Scham zeigt sich in den unterschiedlichsten Masken. Ist nur so eine Ahnung ...
Auch weiss ich, dass er mich und mein Vertrauen braucht. Das durch Mißtrauen wieder neue Konflikte entstehen. Ich würde gerne das Teufelchen in mir, welches das Mißtrauen in mir sät, bezwingen. Genau so ist es. Misstrauen schafft neue Konflikte und ungute Konstellationen, die sich immer weiter verstricken und mit dem Ursprung, der Sucht, irgendwann mal nichts mehr zu tun haben. Ich meine, dies zu überwinden, hilft nur absolute Offenheit und Ehrlichkeit von beiden. Ai-Kisugis Berichte zeigen, dass es gehen kann. Da teilt er mit, in welchen Situationen er sich gefährdet sieht - das hilft dem Partner zu verstehen, was da vor sich geht und hilft, solche Situationen zu vermeiden. Ihm hilft diese Offenheit auch, seich immer besser zu erkennen, und es macht es ihm auch schwerer, solche Situationen auszunutzen - denn die Partnerin weiß ja um sein Problem in der konkreten Situation. Umgekehrt wird auch ein Schuh draus: Wenn Du Dich Deinem Mann mitteilst, welches Verhalten Dich misstrauisch macht, kann er es vermeiden, Dir erklären, was in ihm passiert, und er wird auch Dich und Deine Zweifel besser verstehen können.
Auf den Punkt gebracht: Kontrolle führt nicht aus der Misere. Offenheit und Ehrlichkeit vermeidet Kontrolle und lässt Vertrauen wieder wachsen. Ich hoffe , das bestärkt Dich, dem kleinen Teufelchen die Stirn zu bieten, wohlwissend, dass das auch für Dich nicht leicht ist. Aber im Miteinander und mit guten Kommunikation untereinander wird es gelingen. Ich habt es gut begonnen, und Ihr könnt es zu einem guten Ende bringen.
Ich drück Euch die Daumen, macht weiter so. Woda
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